Cortese mit Sepang-Sieg zum Moto3-Champion

Sepang (dpa) - Die Gratulationstour war für Sandro Cortese stressiger als das Rennen, das ihn zum ersten Moto3-Weltmeister in der Motorrad-WM-Geschichte gemacht hatte. Der Titelgewinn schien in den 45 Minuten von Sepang nie in Gefahr zu geraten.

Und als der 22-Jährige vor der letzten Kurve schließlich auch noch in Führung ging und seinen vierten Saisonsieg holte, brachen alle Dämme. Der Jubel über den zweiten WM-Titel eines Deutschen innerhalb von zwölf Monaten kannte keine Grenzen. Weder in Malaysia, noch daheim in Berkheim, wo rund 100 Fans ihren Sandro hochleben ließen.

„Ich kann es immer noch nicht realisieren. Das wird noch ein paar Tage dauern“, meinte Cortese, nachdem in der Box der Schampus bereits in Strömen geflossen war. Doch das war nur der Beginn einer Feiernacht. „Wir lassen die Sau raus, das haben sich alle verdient“, kündigte der Italo-Schwabe an. Zuvor musste er eine wahre Orgie von Händeschütteln, Schulterklopfen, Umarmungen und Küssen über sich ergehen lassen. Und er tat es gern und mit Genuss. So, wie er bei plötzlich einsetzenden Monsungüssen auch schon die Nationalhymne mit geschlossenen Augen erlebt hatte. „Es war der emotionalste Moment meiner Karriere. Endlich bin ich da, wovon ich von frühester Kindheit an geträumt habe. Es ist wahnsinnig schön“, offenbarte der KTM-Pilot.

Die Ausgangsposition hatte sich schon am Freitag vor dem ersten Training entscheidend verbessert, als der bisherige WM-Zweite, Maverick Vinales (Spanien), nach teaminternen Querelen nicht mehr angetreten war. Und als dann während des Rennens auch noch Luis Salom (Spanien) als neuer härtester Rivale um den Titel merkte, dass er sich bei der Reifenwahl verzockt hatte und der Spitzengruppe nicht mehr folgen konnte, war der Titelgewinn perfekt.

Der Rest war Jubel. Mama Karin und Papa Antonio stürmten über die Strecke, enge Vertraute warteten ungeduldig auf den neuen Champion. Als dieser endlich stoppte, war die Zeit für erste Gratulationen gekommen. In Handumdrehen wurde aus Startnummer elf auf der KTM-Verkleidung eine Eins, ein neuer Helm wurde übergeben und auch die vorbereiteten Weltmeister-T-Shirts waren blitzschnell angezogen. „Ich habe gelitten bis zu letzten Sekunde und bis zur letzten Rille. Aber es ist ein unglaubliches Gefühl“, sprudelte es aus Karin Cortese heraus, während ihr Mann Antonio mit den Tränen kämpfte.

„Es sind Riesensteine, die uns allen vom Herzen fallen. Wir haben immer an Sandro geglaubt. Er war vor dem Rennen sehr ruhig, weil er wusste, dass wir da sind. Er braucht die familiäre Atmosphäre“, sagte der Motorsport-verrückte Italiener, der die Karriere seines Sohnes schon im Alter von drei Jahren angeschoben hatte und bis heute sein größter Förderer ist.

Corteses Freundin Anna, die bei den ersten beiden Saisonsiegen am Sachsenring und in Misano als Glücksbringer fungierte, erlebte derweil beim Public Viewing im heimischen Berkheim die Krönungsfahrt ihres Liebsten. Während der Zieldurchfahrt wurden unzählige Wunderkerzen geschwenkt.

Teamchef Aki Ajo sah sich für seine Arbeit mit Cortese belohnt. Nachdem beide in der Vergangenheit aneinandergeraten waren und sich getrennt hatten, klappte es im zweiten Versuch. Und so ließ auch der sonst so unterkühlt wirkende Finne seine Freude einfach heraus und umarmte seinen Schützling ein ums andere mal.

Die beiden ausstehenden Rennen in Australien und Valencia werden für Cortese zu Showauftritten. Gleichzeitig verabschiedet er sich damit aus der Moto3-Klasse, um im nächsten Jahr in der Moto2-Kategorie seine Visitenkarte abzugeben.

Um einen potenziellen Nachfolger muss er sich nicht sorgen. Jonas Folger aus Schwindegg bewies auch in Sepang, dass er in der kommenden Saison um den Titel fahren kann. Im Jubel um Cortese ging sein dritter Platz hinter Zulfahmi Khairuddin fast unter. Der Lokalmatador holte den ersten Podestplatz für einen malaysischen Rennfahrer.

Stefan Bradl freute sich ganz besonders für Cortese. Der Zahlinger, der mittlerweile in die MotoGP-Klasse aufgestiegen ist, war im vergangenen Jahr Moto2-Champion und hatte damit eine 18-jährige deutsche Leidenszeit beendet.

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