Lorenzo jagt Motorrad-WM-Titel mit Schulterbruch

Laguna Seca (dpa) - Die Schulter ist demoliert, die Operationsnarbe frisch und die Entzündungen sind noch nicht verheilt: Gegen alle Vernunft jagt Titelverteidiger Jorge Lorenzo ohne Rücksicht auf seine Gesundheit Punkte für die Motorrad-WM.

Wenn die Rennärzte Grünes Licht geben, will der Spanier am Sonntag beim Großen Preis der USA in Laguna Seca auf seine Yamaha steigen - nur acht Tage nach seiner zweiten Operation am zum zweiten Mal gebrochenen linken Schlüsselbein. „Das Wichtigste ist, nicht zu stürzen, das Rennen zu beenden und so wenige Punkte wie möglich zu verlieren“, sagte der MotoGP-Pilot nach seiner Ankunft in Kalifornien. Am Freitag wurde er vor dem ersten freien Training von den Ärzten für renntauglich erklärt.

Im Training beim Deutschland-Grand-Prix auf dem Sachsenring war Lorenzo am vorigen Freitag auf die linke Schulter gestürzt. Zum zweiten Mal binnen zwei Wochen brach dabei das Schlüsselbein. Das konnte auch das eingesetzte Titan-Implantat nicht verhindern. Die Folge: Bei einem zweistündigen Eingriff am vergangenen Samstag wurden eine neue Platte eingesetzt, elf Schrauben eingedreht und Knochensubstanz aus dem Becken eingebracht, um den Heilungsprozess des Schlüsselbeins zu beschleunigen.

„Das ist die zweite Operation an meinem linken Schlüsselbein innerhalb von weniger als einem Monat, da ist es nicht so leicht, all die Entzündungen rauszubekommen“, gab Lorenzo zu. Am 27. Juni hatte er sich bei einem Trainingssturz die erste Fraktur zugezogen und war nach einer Blitzoperation zwei Tage darauf beim Grand Prix der Niederlande in Assen Fünfter geworden.

Sein deutscher Kontrahent Stefan Bradl hatte Verständnis für diese risikoreiche Aktion. „Ich kann mir vorstellen, dass er perfekte medizinische Unterstützung erfahren hat und er in einer Verfassung war, die es ihm möglich gemacht hat. Er ist kein Mann aus Stahl, der keine Schmerzen spürt, sondern ein ganz normaler Mensch wie wir anderen auch“, sagte der Zahlinger und könnte sich auch für sich ein solches Vorgehen vorstellen: „In seiner Situation hätte ich mir das auch so irgendwie überlegt, denn er hat nicht viele Punkte verloren in der Meisterschaft.“

Der 26 Jahre alte Mallorquiner weiß um die Gefahr, die er eingeht. Schon vor seinem Aus am Sachsenring hatte Lorenzo von einer Nachahmung abgeraten. „Fahrer, die in der Zukunft eine vergleichbare Verletzung wie ich haben sollten, sollten mein Rennen in Assen nicht als Beispiel nehmen. Das ist nicht gut, das ist nicht logisch“, gab er zu.

Deswegen hatte er in Laguna Seca, wo nur in der Königsklasse MotoGP gefahren wird, eigentlich aussetzen und erst nach der Sommerpause zum Grand Prix von Indianapolis Mitte August auf die Rennstrecke zurückkommen wollen. Doch nun hat der Titelverteidiger seine Meinung geändert, weil Konkurrent Dani Pedrosa trotz eines angebrochenen Schlüsselbeins auch fahren will und der WM-Führende Marc Marquez, ebenfalls aus Spanien, nur elf Punkte entfernt ist. Pedrosa bekam am Freitag von den Ärzten ebenfalls Grünes Licht, nachdem er auf dem Sachsenring nach einem Trainingssturz und der Verletzung für nicht renntauglich erklärt worden war.

Lorenzo wischt alle Bedenken beiseite und das auf einer Strecke, die so kurvenreich und daher anspruchsvoll ist, dass sie den Namen „Korkenzieher“ trägt. Schließlich sei er immer irgendwie verletzt gewesen in Laguna Seca: 2008 zwei Knöchelverletzungen, 2009 Sehnenverletzung am Schlüsselbein, 2011 Hüftverletzung. „Ich habe Erfahrung damit, hier in Laguna verletzt Rennen zu fahren.“

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