Formel 1 spürt Wut in Bahrain - Neue Proteste gegen Rennen

Sakhir (dpa) - Die Formel 1 hat kurz vor ihrem umstrittenen Bahrain-Rennen die Wut der Protestbewegung des Landes zu spüren bekommen - und verschließt trotzdem weiter die Augen.

Vier Mechaniker des Force-India-Teams wurden auf ihrem Rückweg von der Strecke in Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften verwickelt, als nahe ihrem Bus ein Molotow-Cocktail landete. „Es ist falsch, dass so etwas passiert. Wir sind hier, um ein Rennen zu fahren“, sagte Force-India-Pilot Nico Hülkenberg in Sakhir. Ein Mitarbeiter des Teams trat aus Sorge um seine Sicherheit vorzeitig die Heimreise an.

Doch obwohl der Zwischenfall zum meistdiskutierten Thema im Fahrerlager wurde, war von den Wortführern der Branche kaum ein klares Wort zur heiklen Lage zu vernehmen. „Unser Job ist der Sport“, betonte Weltmeister Sebastian Vettel. „Unser Team hat sich nur darauf konzentriert, sich darauf vorzubereiten, dass wir hier gewinnen“, sagte WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton.

Auch Rekordchampion Michael Schumacher blockte entsprechende Fragen ab und meinte: „Ich will den Sport nicht mit der Politik mischen.“ Hülkenberg brachte die offenkundig vorherrschende Ansicht bei den PS-Stars so auf den Punkt: „Allzu viel darum kümmern können wir uns nicht. Und etwas ändern können wir sowieso nicht.“

Sein Force-India-Rennstall war zwar nicht direktes Ziel des Angriffs gewesen, doch der Zorn der Regime-Kritiker über das Festhalten der Formel 1 an ihrem Bahrain-Gastspiel ist ungebrochen. „Wir protestieren, um der Formel 1 unseren Ärger zu zeigen, dass sie das Rennen hier veranstalten“, sagte Menschenrechtler Nabeel Rajab vom „Bahrain Centre for Human Rights“ der britischen Zeitung „Daily Telegraph“. Der Internationale Automobilverband FIA hatte zuvor nach langer Debatte entschieden, den Grand Prix nicht wie im Vorjahr abzusagen.

Die Gegner des Königshauses in Bahrain fürchten nun, das Rennen werde zu politischen Zwecken instrumentalisiert. „Die Leute meinen, die Formel 1 repräsentiere diese Diktatoren“, erklärte Rajab. Am Mittwochabend hatten Demonstranten in Manama gegen eine Ausstellung anlässlich des Rennens protestiert, Sicherheitskräfte waren vehement eingeschritten. „Wir können keine völlige Sicherheit garantieren. Ich wäre ein Narr, so etwas zu sagen“, erklärte Bahrains britischer Polizei-Berater John Yates dem „Guardian“.

Rund um den Bahrain International Circuit war indes nichts von der gespannten Lage zu spüren. Den Weg zur Strecke säumten Werbeplakate für den Grand Prix mit fröhlichen Motiven. Die Polizei hielt sich deutlich im Hintergrund. Als Fürsprecher schickten die Organisatoren einen einst führenden Oppositionellen ins Medienzentrum, der den internationalen Journalisten versicherte, die Mehrheit der Bahrainis sei „glücklich“ über die Rückkehr der Formel 1.

„Der Auftritt der Formel 1 wird die Stimmung ändern. Die Formel 1 ist nicht der Grund für die Proteste“, sagte Jasim Husain. Der Ökonom war bis zu den blutigen Unruhen im Vorjahr Repräsentant der stärksten Oppositionsgruppe im Golfstaat, danach war er von seinem Amt zurückgetreten. „Natürlich gibt es Proteste. Die gab es vorher und die wird es auch nach dem Rennen geben“, räumte Husain ein, betonte aber: „Wir sind eine tolerante Gesellschaft.“

Genau dies bezweifeln Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International, die von Folter und schwerer Gewalt gegen die Protestbewegung berichten. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ protestierte mit einer Petition „gegen die Verfolgung regimekritischer Journalisten“ in Bahrain. Eine Gruppe britischer Parlamentarier forderte ebenso die Absage des Rennens wie der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck.

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