Mit 13 zu jung für Hoffenheim?

Der Erstligist holt einen jungen Berliner in sein Internat — und erntet Kritik.

Düsseldorf/Hoffenheim. Nico Franke ist 13 Jahre alt und hat mit seiner allein erziehenden Mutter in Berlin gelebt. Der junge Fußballer spielte bei Tennis Borussia Berlin gleichsam vor der Haustür. Bis vor zwei Tagen. Dann nämlich ist Nico in das Fußball-Internat von 1899 Hoffenheim in den Süden der Republik gezogen. Fern von der Mutter, hinein in die Welt von Ausbildung und Konkurrenzkampf.

Und schon ist die Fußball-Bundesliga in Aufruhr, spricht von „Kinderhandel“ und erregt ihr Gemüt am Emporkömmling Hoffenheim, der zur Ausbildung der Talente mit Geldern des Finanziers Dietmar Hopp ein kostenintensives Konzept verwirklicht hat. Und Talente aus der ganzen Republik früh in den Kraichgau lotst.

„Hoffenheim ist in dieser Hinsicht besonders aggressiv, das kenne ich noch aus meiner Zeit in Stuttgart“, hat der ehemalige Trainer von Hertha BSC Berlin, Markus Babbel, gesagt. Wo die Jugend im Fußball beinahe schon ein Wert an sich ist und sich die Nationalmannschaft aus übermäßig vielen jungen Talenten rekrutiert, die in den Leistungszentren der Bundesligisten herangewachsen sind, fängt der Kampf um die Talente früh an.

Bisweilen „zu früh“, wie Jürgen Gelsdorf meint. Der ehemalige Bundesliga-Trainer ist Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von Bayer Leverkusen. Und sagt: „Im Alter von 13 ist es unglaublich schwierig, eine sichere Talentprognose abzugeben.

Unter den 13-Jährigen gibt es hunderte von hochtalentierten Spielern, bei denen aber nicht gesagt ist, ob sie es später nach oben schaffen.“ Leverkusen beginne erst in der B-Jugend, Talente an das Nachwuchszentrum zu binden.

Die angeklagten Hoffenheimer wehren sich gegen die bundesweite Aufregung. „Er war umworben von Bayern, Werder und dem HSV. Es stimmt nicht, dass wir da besonders aggressiv um einen Nachwuchsspieler bemüht waren“, sagte Alexander Rosen, Leiter des Nachwuchszentrums der Nordbadener. Und Ernst Tanner, Manager der Profi-Fußballer, stellt klar: „Wenn er zum FC Bayern gegangen wäre, hätte sich niemand aufgeregt.“

Nach Darstellung der Hoffenheimer sei es eine Entscheidung der Mutter gewesen, den 13-Jährigen jetzt gezielt in das Fußball-Internat zu geben. Weil der Klub ein klares Konzept verfolge, die Spieler auch als Menschen forme, wie ein Klubinsider sagt.

„Es ist wichtig, dass die Eltern totales Vertrauen in die handelnden Personen haben“, findet Gelsdorf. International betrachtet sind Transfers von Minderjährigen keine Seltenheit: Zuletzt verpflichtete der FC Barcelona in Takefusa Kubo ein zehn Jahre altes Ausnahmetalent aus Japan.

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