Meistertrainer Klopp im Hörsaal: „Fleischgewordene Zuversicht“

Meistermacher Jürgen Klopp hat den Platz auf der Trainerbank des Double-Gewinners Borussia Dortmund mit dem am Rednerpult im Hörsaal getauscht. An der Deutschen Sporthochschule Köln stand er den Studierenden Rede und Antwort.

Köln. Jürgen Klopp gab sich noch lockerer als sonst. Im gelben BVB-Sweater moderierte der Meistermacher von Borussia Dortmund einfach am Vorlesungsablauf vorbei - charmant und fantasievoll: „Ich brauche kein Powerpoint, weil ich druckreif reden kann.“ Und Klopp war bereit, vor rund 800 Studenten der Deutschen Sporthochschule Köln ein kleines Defizit einzugestehen: „Ich weiß aber auch gar nicht, wie man das Gerät bedient.“

Klopp warf kurzerhand alles um: Statt einer Vorlesung im üblichen Sinn plauderte er einfach drauflos, bot dem Auditorium das Du an. Und „da im Hörsaal zu häufig über Dinge gesprochen wird, die keiner hören will“, eröffnete Klopp die angekündigte Diskussion mit dem Plenum sehr schnell und ließ auch eine „Nachspielzeit“ von 30 Minuten interessiert und geduldig über sich ergehen.

Es herrschte ein enormer Andrang. Die 500 Karten für den großen Hörsaal waren in Windeseile vergriffen, die Organisatoren mussten noch die Hörsäle zwei und drei öffnen. Und Klopp legte los. Die zentrale Frage („Wie wird man zweimal nacheinander deutscher Fußballmeister?“) und die angekündigten Themen wie „Erfolgsfaktoren im Spitzenfußball, moderne Spielsysteme und Mannschaftstaktiken“ warf der diplomierte Sportwissenschaftler der Universität Frankfurt nach einer euphorischen Begrüßung gleich über den Haufen.

Und: „Ich bin die fleischgewordene Zuversicht. Wenn ich etwas werden konnte, dann kann es jeder.“ Damit hatte er alle für sich gewonnen. Dann berichtete der gebürtige Stuttgarter über seine Anfänge als Trainer bei Mainz 05, wo er innerhalb weniger Tage vom Außenverteidiger zum Chefcoach wurde. „Ich bin ein Duzer, ein 08/15-Typ“, gab Klopp preis - und bat seine Zuhörer, ihn ebenfalls per Du anzusprechen.

Die Studierenden taten sich schwer mit dem „Du“, die zahlreichen BVB-Fans unter ihnen wollten aber genau wissen, ob nach zwei Meistertiteln und dem Pokalsieg nun der Gewinn der Champions League nicht die logische Folge sein müsste. Klopp unterstrich den Stellenwert dieses Wettbewerbs: „Das ist die größte Veranstaltung, und die gucke ich schon so lange. Wenn man die Musik hört, ist das schon cool. Da cool zu bleiben, ist schwierig, und wir haben es nicht geschafft“, erinnerte er an das frühe Aus im vergangenen Jahr zurück.

Aber der BVB habe sich in Europa einen „riesen Respekt erarbeitet. Wir werden versuchen, ins Achtelfinale zu kommen. Dann haben wir eine Chance auf das Viertelfinale, und dann müssen wir sehen. Die Bayern haben es bis ins Finale geschafft.“

Wenn die Sprache auf Bayern München kam, keimte im Plenum bisweilen verhaltener Jubel auf - und Klopp konnte sich den einen oder anderen Seitenhieb nicht ganz verkneifen. Sein Erfolgsgeheimnis umschrieb der Fußball-Pädagoge ganz simpel: „Gierig bleiben. Wir haben diesen Begriff als positiv für uns entdeckt. Wir haben 28 Spiele nicht verloren. Das ist schwierig, aber mittlerweile gelebte Normalität.“

Als Leitmotiv gab Klopp den Studierenden die „maximale Identifikation“ mit: „Was ich mache, das mache ich richtig.“ Es gebe „im Süden Deutschlands“ einen Verein, in dem das anders gelebt werde. Aber: „Die Vereinsfamilie steht über allem.“ Und als er gefragt wurde, wann er den 1. FC Köln retten würde, reagierte Klopp gewohnt forsch. „Ein Schönheitschirurg würde sagen: Sorry, aber Enthauptungen mache ich nicht.“ Um ernsthaft nachzulegen, dass der FC ein “toller Verein“ mit einem „tollen Stadion“ sei.

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