Matthias Opdenhövel: „Die Zitrone hat noch Saft“

Sportschau-Moderator Matthias Opdenhövel über seinen Wechsel zur ARD, über Frauenfußball und den Rechte-Poker um die Bundesliga.

Köln. Mit Matthias Opdenhövel tritt am Samstag der Nachfolger von Monica Lierhaus seinen Dienst bei der „Sportschau“ an. Der 40-Jährige hat als Moderator bei Viva, RTL2, Vox, Sat1 und zuletzt bei ProSieben („Schlag den Raab“) gearbeitet. Er moderierte die Bundesliga-Shows der Bezahlsender Arena und Liga Total und stand in den vergangenen beiden Jahren gemeinsam mit Sabine Heinrich bei den Auswahl-Shows für den Eurovision Song Contest (ESC) vor der Kamera.

Von Stefan Raab zur alten Tante „Sportschau“: Das muss ein Kulturschock sein.

Opdenhövel: Eigentlich nicht. Erstens ist die Tante nicht alt. . .

Immerhin 50 Jahre.

Opdenhövel: Ja, aber die Zitrone hat noch Saft. Ich habe die ARD in den vergangenen zwei Jahren durch die Kooperation beim Eurovision Song Contest ein wenig kennenlernen dürfen. Die machen mir einen sehr rüstigen, modernen Eindruck.

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Saison als „Sportschau“-Zuschauer?

Opdenhövel: Dunkel. Die erste Fußball-Erinnerung habe ich an die Weltmeisterschaft 1974, da war ich knapp vier Jahre alt. Danach war ich infiziert und habe immer pünktlich um 18 Uhr im Frottee-Schlafanzug vor der Glotze gesessen.

Die Fußball-Berichterstattung hat sich seitdem stark verändert — zum Besseren?

Opdenhövel: Die Nostalgiker sagen, „ran“ war eine Schraube zu viel, aber viele sagen auch: So emotionslos, wie es früher war, würde es heute nicht mehr funktionieren. Die „Sportschau“ hat einen gesunden Mittelweg gefunden. Wichtig ist, dass der Ball und das Spiel das Entscheidende sind und nicht das Drumherum.

Was unterschied Arena und Liga Total, für die Sie gearbeitet haben, von der Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen?

Opdenhövel: Gar nichts. Es gibt natürlich den Faktor Zeit. Wenn man mehr Zeit hat, kann man komplexe Themen intensiver beleuchten. Aber beim journalistischen Niveau sehe ich keine Unterschiede.

Sie haben die „Sportschau“ als Heiligen Gral bezeichnet. Dann wären Sie also ein Gralshüter?

Opdenhövel: So kann man’s sagen

Klingt bleischwer.

Opdenhövel: Natürlich ist die „Sportschau“ eine besondere Sendung, aber es ist keine Aufgabe, vor der ich zittere.

Muss man sich als Gralshüter einen Satz für die erste Sendung zurechtlegen?

Opdenhövel: Auf gar keinen Fall. Wer jetzt meint, ich würde eine Alternative zu „Guten Abend allerseits“ erfinden, der kann sich beruhigen. Wenn man mit übertriebenem Ehrgeiz versucht, einen Pflock reinzuhauen, funktioniert es nicht.

Ihre Verpflichtung kommt eigentlich zum falschen Zeitpunkt. Gerade hat Deutschland sein Herz für den Frauenfußball entdeckt, und jetzt gibt es wieder nur Männer als „Sportschau“-Moderatoren.

Opdenhövel: Da bin ich der falsche Ansprechpartner.

Glauben Sie, dass sich durch die Heim-WM etwas verändert?

Opdenhövel: Es wird sicher nicht so sein, dass die Frauen in der Bundesliga vor 50 000 Zuschauern spielen, aber ich glaube auch nicht, dass der Frauenfußball wieder in der Schublade verschwindet. Für viele Leute ist diese Sportart mit der WM erstmals in den Fokus gerückt. Es waren wirklich begeisternde Spiele dabei, aber manche Kicks waren auch grottig.

Wurde diskutiert, wie man in der „Sportschau“ mit Frauenfußball umgeht?

Opdenhövel: Mit mir nicht. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky hat ja gesagt, dass man erst mal abwartet und nicht regelmäßig berichtet.

Sie waren mal Stadionsprecher bei Borussia Mönchengladbach — nur ein Job oder eine Herzensangelegenheit?

Opdenhövel: Letzteres. Der Job war der Vorläufer zu meinen späteren Moderationen, denn wir haben in Gladbach nichts anderes gemacht als bei einer Fußballsendung auch: Interviews auf dem Rasen, eine Halbzeitanalyse und eine Nachbetrachtung — sicher etwas subjektiver geprägt.

Und in einem vollen Stadion?

Opdenhövel: Das hat bei mir die eine oder andere Gänsehaut erzeugt, ganz ehrlich.

Seit wann sind Sie Gladbach-Fan?

Opdenhövel: Mein Opa war Gladbach-Fan, mein Vater auch — da hatte ich nicht viele Chancen.

Viele Kollegen wie Dieter Kürten oder Manfred Breuckmann haben erst nach ihrem Berufsleben ihre Vereins-Vorlieben publik gemacht. Geht man damit heute lockerer um?

Opdenhövel: Ich sehe da kein Problem. Ich kenne auch keinen Kollegen, der nicht für irgendeine Mannschaft Sympathien hat.

Mit dem Heiligen Gral könnte es in zwei Jahren vorbei sein, falls die ARD die Bundesliga-Rechte verliert.

Opdenhövel: Ich persönlich glaube das nicht. Das Modell der DFL mit den zerstückelten Paketen ist nichts Neues. Es ist auch völlig legitim, dass die DFL für die Vereine versucht, das meiste herauszuholen. Das löst bei uns in der ARD keine Panik aus. Das Label „Sportschau“ beinhaltet außerdem auch die Berichterstattung von Europa- und Weltmeisterschaften. Ich werde also noch viel Fußball moderieren.

Gibt es konkrete Absprachen, wie es bei der Euro 2012 läuft?

Opdenhövel: Wie die Aufteilung konkret aussehen wird, werden wir demnächst besprechen. Generell ist es so, dass wir drei Moderatoren gleichberechtigt eingesetzt werden, auch bei Länderspielen und großen Turnieren.

Gilt das auch für die Olympischen Spiele?

Opdenhövel: Ja. Geplant ist ohnehin, dass es neben dem Fußball noch ein oder zwei Sportarten gibt, bei denen ich regelmäßig zu sehen sein werde.

Zum Beispiel?

Opdenhövel: Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn ich auch einmal beim Tennis eingesetzt würde — und wenn das dann noch auf dem Heiligen Rasen von Wimbledon stattfindet...

In diesem Jahr ist das eher dumm gelaufen. Als Sabine Lisicki im Halbfinale stand, war das nur im Pay-TV zu sehen.

Opdenhövel: Das wird sich schnell ändern, wenn die Erfolge über eine längere Zeit bestätigt werden. Dann wird Tennis für alle und sicherlich auch für die ARD wieder interessanter.

Es soll außerdem 2012 eine große Abendshow mit Ihnen im Ersten geben. Verraten Sie uns Näheres?

Opdenhövel: Das ist noch nicht möglich, weil wir in der Planungsphase sind.

In welche Richtung geht’s?

Opdenhövel: Es wird schon eine Unterhaltungssendung sein — mit sportivem Charakter.

„Schlag den Raab“ light?

Opdenhövel: Nein, das wäre mir zu wenig innovativ, einfach nur einen Abklatsch zu produzieren.

In den ersten Jahren beim Fernsehen haben Sie für Viva gearbeitet. Gibt es Erfahrungen, die Ihnen heute noch zugute kommen?

Opdenhövel: Das spontane Ausprobieren. Wir haben da unter keinem Quotendruck gearbeitet. Heute ist der selbst bei kleinen Sendern extrem. Es gibt in der Branche keinen medialen Sandkasten mehr, in dem man erst mal schauen kann, was einem Spaß macht.

Beim Eurovision Song Contest waren Sie der von ProSieben entsandte Moderator. Was wird jetzt aus „Unser Star für Baku“?

Opdenhövel: Ich habe keine Ahnung, das ist ja noch ein bisschen hin. Da haben sich, ehrlich gesagt, alle Beteiligten noch kein Mal darüber unterhalten.

Das kann man ja kaum glauben.

Opdenhövel: Ist so.

Ist es denn ausgeschlossen, dass Sie „Unser Star für Baku“ moderieren?

Opdenhövel: Überhaupt nicht.

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