Storl sorgt für Sensation - Obergföll am Boden

Daegu (dpa) - Was für ein Kraftakt! Der 21 Jahre alte David Storl ist der erste deutsche Kugelstoß-Weltmeister - und der jüngste überhaupt. Der Chemnitzer schlug in Daegu mit 21,78 Metern alle Routiniers aus dem Ring und holte den zweiten Titel für sein Team nach Diskus-Riese Robert Harting.

Die hoch gehandelte Speerwerferin Christina Obergföll ging als Vierte ebenso leer aus wie die Weitspringer Sebastian Bayer und Christian Reif. Storl vergrößerte die Ausbeute des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) auf fünf Medaillen.

„Ich habe mich im Training schon gut gefühlt, da habe ich aus dem Stand 21 Meter gemacht“, sagte der „mega-stolze“ Sensationssieger und schüttelte fassungslos den Kopf: „Das werde ich erst in ein, zwei Wochen realisieren.“ Zuvor hatten Diskuswerferin Nadine Müller und Stabhochspringerin Martina Strutz Silber sowie Siebenkämpferin Jennifer Oeser Bronze gewonnen.

Storl stieß schon als Bester in der Qualifikation mit 21,50 Metern so weit wie nie zuvor. Im Finale packte der 21-Jährige cool wie ein Eisbeutel erst zehn und dann im letzten Versuch nochmal 18 Zentimeter drauf. Da konnten der Kanadier Dylan Armstrong (21,64) als Zweiter und der Weißrusse Andrej Michnewitsch (21,40) als Dritter nur staunen.

Den entscheidenden Tipp für den gewinnbringenden Stoß erhielt Storl von Ralf Bartels, der selbst schon oft im letzten Versuch eine Medaille geholt hat. „Betriebsgeheimnis“, erklärte der Goldmedaillengewinner lächelnd. Ex-Europameister Bartels enttäuschte als Zehnter, hat aber in Storl nun endgültig seinen Nachfolger gefunden. „Ich kann wirklich sagen: Ich war dabei“, sagte der 33-jährige Neubrandenburger voller Respekt.

Fünf Tage nach seinem spektakulären Fehlstart im Kurzsprint ist Weltrekordler Usain Bolt im Vorlauf und Halbfinale über 200 Meter problemlos aus dem Block gekommen - und ließ es kurz vor dem Ziel auslaufen. Der 25-jährige Jamaikaner hatte mit 0,314 Sekunden allerdings die zweitschlechteste Reaktionszeit aller 53 Erstrunden-Starter. Ansonsten machte Bolt wie gewohnt seine Faxen. Gold über die halbe Stadionrunde bei den Frauen holte seine Teamkollegin Veronica Campbell-Brown in 22,22 Sekunden.

Obergföll erlebte keinen goldenen, sondern einen schwarzen Freitag: Weltrekordlerin Barbora Spotakova aus Tschechien schleuderte den Speer bereits im ersten Versuch auf 68,80 Meter hinaus. Die Russin Maria Abakumowa stellte im zweiten Durchgang mit 71,25 Metern eine Weltjahresbestleistung auf. Sie steigerte sich noch auf 71,99, Spotakova auf 71,58. Die deutsche Rekordhalterin hatte dem nur 65,24 entgegenzusetzen und musste auch noch Bronze der Südafrikanerin Sunette Viljoen überlassen.

Bitter für Obergföll: Bei der WM 2009 in Berlin hatte ihr ihre langjährige Rivalin Steffi Nerius die Show gestohlen, bei der EM 2010 in Barcelona landete die Leverkusenerin Linda Stahl einen Überraschungscoup. Und so wartet die zweimalige Vizeweltmeisterin aus Offenburg weiter auf ihren ersten internationalen Titel. Die frühere Europarekordlerin verstand die Welt nicht mehr. „Das ist Scheiße, ich habe das verwurmt“, sagte Obergföll, und die Tränen liefen ihr nur so herunter. „Ich habe dafür keine Worte.“ Katharina Molitor überzeugte als Fünfte, Europameisterin Linda Stahl (beide Leverkusen) musste wegen Rückenproblemen passen.

Lange Gesichter im Weitsprung machten Hallen-Europarekordler Bayer und Freiluft-Europameister Reif: Erstmals seit 1991 standen wieder zwei „Sandmänner“ im Finale. Doch für Reif (Ludwigshafen) blieb mit 8,19 Metern nur Rang sieben, für Bayer (Hamburg) mit zwei Zentimetern weniger Platz acht. Weltmeister wurde zum vierten Mal Dwight Phillips aus den USA mit 8,45.

„Ich werde nicht gern Achter, aber bei den letzten Versuchen hat ein bisschen die Kraft gefehlt“, sagte Bayer. Auch Reif war platt: „Ich konnte nicht mehr. Ich hätte heute noch zehnmal springen können - mehr wäre nicht herausgekommen.“

Schon das zweite Gold in Daegu holte Kenias Ausdauer-Ass Vivian Cheruiyot: Bei ihrer Titelverteidigung über 5000 Meter rannte sie in 14:55,37 Minute wie über die doppelte Distanz allen davon. Wie erwartet gewann das US-Quartett über 4 x 400 Meter, die deutschen Männer wurden Achte.

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