Schallmauer durchbrochen: Eaton neuer Zehnkampf-König

Eugene (dpa) - Die Zuschauer sprangen auf, Ashton Eaton sank zu Boden. Der neue Weltrekordler der Zehnkämpfer war nach dem abschließenden 1500-Meter-Lauf total erschöpft, doch im tosenden Jubel ahnte er bereits: Die 9000er-Marke war gefallen.

Eaton hat im historischen Hayward Field von Eugene/Oregon Zehnkampf-Geschichte geschrieben und bei den US Olympic-Trials mit 9039 Punkten eine Bestmarke gesetzt. „Dieses Stadion hat etwas Magisches. Auf den letzten 600 Metern hat mich die Menge getragen, das war, als wenn ich nicht mit meinen eigenen Beinen laufen würde“, sagte Eaton, nachdem er zu Tränen gerührt seine Verlobte und seine Mutter in die Arme geschlossen hatte.

Der WM-Zweite des Vorjahres verbesserte die fast elf Jahre alte Bestmarke des Tschechen Roman Sebrle um 13 Zähler. Eaton ist erst der zweite Zehnkämpfer, der die Schallmauer von 9000 Punkten durchbrach.

Als der 24-Jährige nach dem Stabhochsprung 7468 Punkte hatte, fragte Eaton seinen Trainer Harry Marra, welche Leistungen er im Speerwurf und im 1500-Meter-Lauf bringen müsse, um den 20 Jahre alten US-Rekord von Dan O'Brien (8891 Punkte) zu brechen. Doch Marra sagte nur zwei Worte: „Ashton, Weltrekord.“ Es war Marras Blick, so Eaton, der ihm versicherte, dass sein Coach absolut von ihm überzeugt sei. „Ok, let's do it“, lautete seine entschlossene Antwort. Danach schleuderte er den Speer gleich auf eine Weite von 58,87 Meter und kam über die 1500 Meter in 4:14, 48 Minuten stilgerecht als Erster ins Ziel.

Als Eaton seine Ehrenrunde drehte und mit beiden Händen Herzen in die Luft malte, applaudierte auch O'Brien. „Das Beeindruckendste ist, dass er den Rekord trotz des schlechten Wetters aufgestellt hat“, sagte O'Brien der Nachrichten-Agentur dpa. Die äußeren Bedingungen in Eugene waren an beiden Tagen alles andere als weltrekordverdächtig. Doch für Eaton sind Regen und Kälte nichts Neues. Er ist unweit von Eugene aufgewachsen, hat hier studiert, im Hayward Field trainiert, kennt Stadt, Stadion und eben auch das hiesige Wetter bestens. „Als Zehnkämpfer lässt du dich nicht davon beeinflussen - das ist wie die elfte Disziplin und da musst du einfach gegen ankämpfen.“

Eaton gewann sieben der zehn Disziplinen, kam über die 100 Meter (10,21 Sekunden) und im Weitsprung (8,23 Meter) auf Ergebnisse wie kein Zehnkämpfer zuvor. Der zweimalige Weltmeister Trey Hardee hatte nicht den Hauch einer Chance, wurde mit riesigem Abstand Zweiter (8383) - und war dennoch froh, Zeuge von Eatons historischem Heimsieg gewesen zu sein. „Ich werde später meinen Freunden und Kindern erzählen, dass ich dabei war, als Ashton diese Bestmarke aufgestellt hat“, betonte Hardee auf der Pressekonferenz. Er hatte seinen Satz noch gar nicht beendet, da unterbrach ihn der neben ihm sitzende Eaton: „Sag denen aber auch, dass ich einen Weltrekord aufstellen musste, um dich zu besiegen.“

Während er die Journalisten-Runde mit seiner sympathischen und dennoch bescheidenen Art zu einer kurzweiligen Show werden ließ, war Bryan Clay nicht zum Lachen zumute. Der Olympiasieger von Peking war als Zwölfter der große Verlierer und wird seinen Titel in London nicht verteidigen können. „Es war ein schwerer Tag für mich, aber ich werde meine Karriere nicht beenden“, erklärte der 32-Jährige.

Was Clay nicht schaffen kann, will nun Eaton - eine Medaille in London. „Der Weltrekord ist schön. Aber es gibt nichts Größeres als Olympia. Hoffentlich gewinne ich eine Medaille“, sagte der 24-Jährige, der als Top-Favorit auf Gold in die englische Hauptstadt fährt.

Ohne offizielles Ergebnis ging indes der 100-Meter-Sprint der Frauen zu Ende. Weltmeisterin Carmelita Jeter gewann in 10,92 Sekunden vor Tianna Madison (10.96). Gemeinsame Dritte wurden Allyson Felix und Jeneba Tarmoh. Ein Foto-Finish ergab für beide eine Zeit von 11,068 Sekunden. Da jedoch nur drei Athletinnen in London starten dürfen, ließ der US-Verband zunächst eine endgültige Entscheidung offen.

Die Leistungen von Eaton bei seinem Zehnkampf-Weltrekord:

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