Leichtathletik-WM: Superstar Usain Bolt schlägt sich selbst

Der Showman aus Jamaika hat sich im Weltmeisterschaftsfinale verzockt und die Konkurrenten geschockt.

Daegu. Er platzt mitten hinein in die Stille. Noch vor dem Knall. Zu früh. Viel zu früh. Auf einmal ist der Spaß vorbei. Aus. Unwiderruflich. Usain Bolt weiß das. Er zieht sich das gelb leuchtende Nationaltrikot Jamaikas über den nass geschwitzten Kopf, seine aufgerissenen Augen versteckt er nur für einen Sekundenbruchteil dahinter. Mit entblößtem Oberkörper geht er ein paar Schritte — und hat doch längst realisiert, was geschehen ist. Fehlstart. Eindeutig. Ein absurder Fehler, nicht zu erklären.

Der Showman hat sich verzockt. Ohne Not. Ohne Grund. Was ist da passiert im Finale über 100 Meter bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Daegu? Usain Bolt hat sich selbst geschlagen und seine Konkurrenten in einen Schockzustand versetzt. „Im ersten Moment tat er mir sehr leid. Aber dann musste ich mich ja schon auf mein Rennen konzentrieren“, sagt Christophe Lemaitre. Das Finale und den Titel gewinnt Bolts Trainingskamerad Yohan Blake in 9,92 Sekunden. Vor Walter Dix aus den USA (10,08) und Kim Collins (St. Kitts and Nevis/10,09). Die Schlagzeilen aber gehören Usain Bolt.

Der ist weg. Verschwunden im dicken Bauch des Daegu-Stadions. Abgetaucht . Fotografen laufen aufgeregt umher. Sie hatten sich im Rudel hinter der Ziellinie postiert. Bereit, die Show nach der Show einzufangen. Die Vorstellung ist ausgefallen, weil sich der Hauptdarsteller einen Fauxpas geleistet hat.

Die Suche beginnt. Fieberhaft. Stunden später gibt es Worte. Heißersehent, doch nur auf Papier. „Ich habe nichts zu sagen. Ich brauche etwas Zeit“, steht darauf. Zitate von Usain Bolt.

Yohan Blake ist erst 21 Jahre und darf neben Gold nun auch noch den Titel jüngster Weltmeister tragen. Olympiasieger Maurice Greene hat auf den Jamaikaner getippt und eine Überraschung prophezeit. Sie ist passiert. Ein Knalleffekt noch vor dem Knall. Seit dem 1. Januar 2010 ist die Regel 162,7 der IAAF in Kraft. Wer zu früh reagiert, ist draußen. Walter Dix attestiert dem Starter eine gute Arbeit. Yohan Blake erzählt, dass Bolt im Training auch schon zu früh aus dem Block gesprungen ist und der Verband diese Vorgabe nun mal so entschieden habe. Kim Collins sagt: „Leute auf der ganzen Welt wollten Usain sehen. Dazu ist es nicht gekommen. Ich glaube, wir brauchen ihn hier.“

Ihn, Bolt. Nicht ihn, Blake. Der ist schnell und hatte schon im Halbfinale mit der schnellsten Zeit sein Leistungsvermögen angedeutet. Aber dieser Jungspund sitzt schüchtern auf dem Podium und dankt Gott. „Ich habe mein Leben lang auf diesen Moment gewartet. Nun ist mein Traum wahr geworden.“

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