Kroos hofft jetzt auf Bayer

Das Bayern-Talent wechselt überraschend nach Leverkusen. Auch dort muss er um einen Stammplatz kämpfen.

Dortmund. Bruno Labbadia verzog das Gesicht. Jede Geste nach dem Schlusspfiff verriet, dass der ehrgeizige Trainer von Bayer Leverkusen mit diesem 1:1 (0:1) bei Borussia Dortmund nicht gut leben konnte. Aus zwei Spielen gegen die Dortmunder hat Leverkusen nur einen Punkt geholt (im Hinspiel gewann Dortmund 3:2). Noch schlimmer: Bayer war beide Male die deutlich bessere Mannschaft. Aufwand und Ertrag standen wieder einmal in keinem Verhältnis. "Es tut mir leid für die Mannschaft. Sie hat sich selbst nicht belohnt", sagte Labbadia. Nicht zum ersten Mal. Und: "Wir haben Dortmund nach der Pause total eingeschnürt."

In der Tat: Vor allem in der letzten halben Stunde spielte - und das im wahrsten Sinne des Wortes - nur Leverkusen, aber mehr als das Tor nach einer Kombination zwischen Tranquillo Barnetta und Torschütze Patrick Helmes (63.) sprang nicht heraus. Es ist ein Markenzeichen dieser jungen Mannschaft, dass sie fast immer das bessere Team ist, ohne zwingend zu siegen. Leverkusen kann herrlich ballsicheren Kombinationsfußball mit einstudiert wirkenden Laufwegen zelebrieren, hat aber deutlich zu wenige Punkte.

Die Analyse von BVB-Trainer Jürgen Klopp, Dortmund habe sich den Punkt "absolut verdient", kam jedenfalls reichlich überraschend. 74000 Zuschauern war nicht entgangen, dass der Gastgeber zunächst engagiert, nach der Pause aber wie schon gegen Bremen im DFB-Pokal deutlich abfallend agierte. Für Leverkusen standen Aufwand und Ertrag abseits des Platzes in einem besseren Verhältnis: Überraschend trat nicht nur zutage, dass Bayer den Tschechen Michal Kadlec (bislang ausgeliehen) für vier Jahre von Sparta Prag unter Vertrag genommen hat. Auch Toni Kroos - gemeinhin als das größte deutsche Fußball-Talent bezeichnet - kommt sofort für eineinhalb Jahre vom FC Bayern. "Das hat sich kurzfristig ergeben", sagte Labbadia nüchtern. Vielmehr aber war es ein Husarenstück des Bayer-Managements, wie Manager Michael Reschke nach dem Spiel zu berichten wusste: "Wir haben schon im April vergangenen Jahres den Bayern mitgeteilt, dass wir an Kroos immer interessiert sind. Jetzt hat sich Uli Hoeneß erinnert, am Mittwoch angerufen und gefragt, ob wir schnell reagieren können", sagte Reschke freudig erregt. Nach einem Treffen von Kroos, Labbadia, Reschke und Rudi Völler habe man das Ausleihgeschäft dann am Donnerstag perfekt gemacht. "Toni wollte unbedingt zu uns", sagte Labbadia, machte aber auch deutlich, dass sich der aus Rostock stammende U21-Nationalspieler einzureihen habe. "Wir haben ein starkes Mittelfeld, das weiß er auch. Er wird die erste Alternative sein", sagte Labbadia, und es klang so gar nicht nach einer Stammplatzgarantie für Kroos.

Währenddessen hat sich Hermann Gerland, Coach der Bayern-Reserve, zu Wort gemeldet. "Kroos hat unglaubliche fußballerische Qualitäten. Aber er muss sie mit Leistungsbereitschaft paaren. Das hat er viel zu wenig gemacht. In Leverkusen muss er zeigen, dass er einer ist, der es packen kann und will", sagte der Ex-Profi in der Montagsausgabe der "Welt". Außerdem habe sich Kroos zuletzt geweigert, in der 3.Liga zu spielen.

Der 19-Jährige, für den Uli Hoeneß beim Rekordmeister sogar die legendäre Nummer "10" reserviert hatte, soll am Diesntag in Leverkusen eintreffen. Mit der Mannschaft wird er nach einer Sprunggelenksverletzung aber frühestens in zehn Tagen trainieren. Für alle drei Positionen im offensiven Mittelfeld komme Kroos in Frage, sagte Labbadia. Kroos’ erste Konkurrenten Barnetta, Augusto und Vidal gehörten freilich nicht nur am Samstag zu den besten Leverkusenern, die den Kader noch bis Montag mit dem Schweizer Stürmer Eren Derdiyok vom FC Basel verstärken wollen. U21-Nationalspieler Daniel Schwaab vom SC Freiburg ist bereits ab der kommenden Saison verpflichtet. In Leverkusen wächst etwas sehr Junges. Und etwas Großes.

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