Interview: „Auf dem Betze zählen Werte“

Kaiserslauterns Präsident Stefan Kuntz über den Aufstieg, den Mythos vom Betzenberg und die Ziele seiner Lauterer.

Herr Kuntz, nach dem Aufstieg haben Sie gesagt, Sie freuen sich jetzt ersteinmal darauf, sich in den Garten zu legen.

Stefan Kuntz: Manchmal habe ich die Augen zugemacht und darüber nachgedacht, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren erreicht haben.

Kuntz: Toll. Wenn ich denke, wo wir damals standen - vor dem Abstieg in die 3.Liga. Und jetzt spielen wir Bundesliga. Das würden andere Vereine auch gerne, aber es war nicht einfach. Darauf sind wir stolz, auch wenn wir wissen, dass das sehr schnell anders sein kann.

Kuntz: Mit viel Zeit und Arbeit vom ganzen Team. Ich bin ein ziemlicher Perfektionist und manchmal ungeduldig, wenn es darum geht, Ziele zu erreichen. Aber alle haben mitgezogen.

Kuntz: Ja, wir haben uns mit der Mannschaft, den Frauen und Betreuern getroffen, in einem Lokal im Rathaus. Wenn ich zuhause gesessen hätte, hätte ich wahrscheinlich acht Stücke Kuchen gegessen vor Aufregung. So konnte man gemeinsam zittern, wurde abgelenkt. Als es dann geschafft war, hat es auch ein paar Tränen gegeben, da bin ich nahe am Wasser gebaut.

Kuntz: Oh ja. Vor dem Spiel bin ich auf dem Friedhof gewesen, am Grab meiner Oma. Von ihr stammen viele Sprüche, die mich mein Leben lang begleiten, wie dieser: Der liebe Gott legt Dir nicht mehr auf die Schultern als Du tragen kannst. Als ich an ihrem Grab stand, habe ich mich gewundert, dass so viele FCK-Fans auf dem Friedhof sind. Die sind zum Grab von Fritz Walter gelaufen, haben Fritz um Beistand gebeten. Als ich das gesehen habe, ist es mir heiß und kalt geworden. Da habe ich die ganze Tragweite dieses Spiels vor Augen gehabt.

Kuntz: Dann wäre der Klub auf lange Sicht in der Bedeutungslosigkeit versunken. Wir hatten ein riesiges Liquiditätsloch zu stopfen, um die Lizenz für die nächste Saison zu bekommen. Ich weiß nicht, wie wir das für die 3.Liga hätten stemmen sollen.

Kuntz: Den können wir selbst jetzt noch nicht drücken, weil die Vergangenheit immer wieder mit Schulden oder Geschehnissen aufwartet, die wir in der Gegenwart bezahlen müssen. Wenn wir das zweite Jahr Bundesliga hintereinander geschafft haben, denke ich, können wir bei Null starten. Und dann sind wir einer von den gesunden Vereinen der Liga.

Kuntz: Wenn man so eine Entscheidung trifft, schreibt man Vor- und Nachteile auf. Wenn ich ehrlich bin, bei den Vorteilen stand außer Heimat und Lieblingsverein nicht viel. Aber auch da hat die Oma früher gesagt, die besten Entscheidungen trifft man mit dem Bauch und nicht mit dem Kopf.

Kuntz: Die finanziellen Probleme natürlich. Wir haben die Hospitality-Bereiche umgebaut, haben dadurch über zwei Millionen Euro mehr pro Jahr erzielt. Das Herz des Vereins schlägt wieder auf dem Betzenberg. Man kann es mit der ersten großen Liebe vergleichen. Auch wenn man mit ihr nicht mehr zusammen ist, wenn man sie später wieder trifft, ist immer noch irgendwas da.

Kuntz: Den größten. Er hat die Mannschaft nach vorne gebracht, ihr seine Philosophie vermittelt, eine Mischung aus erfolgreichem und schönem Fußball. Er ist ein blendender Botschafter unseres Vereins, perfekt.

Kuntz: Auf der sportlichen Seite der Klassenerhalt. Der ist Basis, für den wirtschaftlichen Erfolg. Nur mit ihm lassen sich mittelfristig Ziele umsetzen. Wir haben in vier Jahren 2. Liga den Anschluss zu den Mittelfeldmannschaften der Bundesliga verloren. Wir müssen in unser Nachwuchsleistungszentrum investieren und in die Struktur des Vereins, wir sind in einigen Bereichen absolut nicht bundesligatauglich aufgestellt, und wir haben ein paar Ideen, wo Innovation Tradition trifft.

Kuntz: Im Moment habe ich das Gefühl, am richtigen Ort zu sein. Hier ist die Tradition nun mal das Fundament vieler Entscheidungen. Die Generation Fritz Walter und viele Generationen danach standen für gewisse Werte. Es gibt sie noch.

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