Hockey-Herren: Erfolg ohne Führungsspieler-Debatte

Mönchengladbach (dpa) - Über die Führungsspieler-Debatte im deutschen Fußball kann Hockey-Bundestrainer Markus Weise nur müde lächeln - für ihn ist dauerhafter Erfolg nur im funktionierenden Kollektiv möglich.

„Wir haben uns in einem gemeinsam erarbeiteten Plan Ziele gesetzt: Das Olympia-Ticket und den EM-Titel. Teil eins haben wir erreicht, den Titel streben wir natürlich auch noch an - ohne Wenn und Aber“, sagte der Coach vor dem EM-Halbfinale in Mönchengladbach gegen Titelverteidiger England.

Diskussionen wie beim FC Bayern um Kapitän Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger kann er im Spitzen-Hockey nicht gebrauchen. „Ich will als Trainer keine Erfüllungsgehilfen. Wenn es nur zwei Mann gibt, die den anderen etwas vorbeten, ist das nicht mehr zeitgemäß. Egal, in welcher Mannschaftssportart“, betonte der Coach. „Und mit stillen Schweigern, die nur auf Ansagen oder Anschiss reagieren, kann ich auf Dauer auf höchstem Niveau auch keinen Erfolg haben“, ergänzte Weise, der 2004 in Athen erst die deutschen Damen und dann 2008 in Peking die Herren zum Olympiasieg geführt hatte.

So halten sich die Hockey-Asse - mal mit mehr, mal mit weniger Häuptlingen im Kader - schon lange kontinuierlich in der Weltspitze. Einzel-Interessen zählen nicht, nur das Ganze. Und mit ihrer „flachen Hierarchie“ (Kapitän Max Müller), in der jeder seine Rolle so akzeptiert wie die seiner Mitspieler, wollen sie ihren Erfolgsweg fortsetzen.

„Im Auswahlteam ist die Last auf viele Schultern verteilt, da es eine Menge herausragende Spieler gibt, die in ihren Clubs Leitwölfe sind“, berichtete Müller, der beim Nürnberger HTC in der 2. Liga spielt und im DHB-Team dennoch die Spielführerbinde tragen darf. „Wenn du nur Häuptlinge hast und denen eine Hierarchie verordnest, ist es genauso schlecht wie ein Team, in dem es gar keine Häuptlinge gibt“, sagte Müller der Tageszeitung „Die Welt“.

Alle Mann sind fixiert auf den nächsten Gegner von allerhöchstem Kaliber. „Jeder brennt auf dieses Spiel am Freitag. Das England-Spiel ist schon bei allen im Kopf“, sagte Torjäger Moritz Fürste nach der 7:0-Torparty gegen Russland am Mittwoch. Eine „Night Session“ unter Flutlicht ist für alle etwas ganz Besonderes. „Das hat man sauselten. Und genau das sind die Momente, für die wir uns das ganze Jahr abrackern“, sagte Fürste. Er ist schon Weltmeister und Olympiasieger geworden, hat die EM-Trophäe aber noch nicht in seiner Sammlung.

Vor zwei Jahren in Amstelveen mussten sich Fürste & Co. dem neuen Team des Olympia-Gastgebers im Finale mit 3:5 geschlagen geben. „Wir sind als Mannschaft auf keinen Fall schlechter als 2009“, glaubt Weise, dessen Auswahl zuletzt in zwei Tests die Briten - jeweils nach 0:2-Rückstand - mit 4:2 und 3:2 bezwingen konnte. „Meine Mannschaft sollte daraus die Lehre gezogen haben, dass sie so stark ist, sich auch gegen Top-Gegner zurückzuarbeiten und das Spiel jederzeit drehen zu können“, urteilte Weise.

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