Hinrich Romeike: Mit Gold ein gefragter Zahnarzt

Das Leben nach Peking hat sich für Doppel-Olympiasieger Hinrich Romeike geändert. Der Holsteiner selbst aber nicht.

Nübbel. Wer sich mit Hinrich Romeike treffen will, hat es nicht leicht. "Moment, ich muss mal in den Terminkalender schauen", lautet zumeist die Antwort. Der Zahnarzt aus dem schleswig-holsteinischen Nübbel ist ein gefragter Mann. Vor vier Monaten gewann er mit seinem Marius Gold bei den Olympischen Spielen in Hongkong im Einzel und mit der Mannschaft der Vielseitigkeitsreiter.

Ein Olympia-Märchen, das das Leben von Hinrich Romeike veränderte, aber nicht auf den Kopf stellte. Allein der Sonntag ist für die Familie vorbehalten. Dann kehrt Gemütlichkeit auf dem Hof Moholz ein, der zur 1400-Einwohner-Gemeinde Nübbel gehört und etwa zehn Kilometer von Rendsburg entfernt liegt. "Dann kann ich in aller Ruhe auch mal an einem Keks knabbern", sagt der 45-Jährige an der Seite seiner Frau Susanne und den drei Kindern sitzend. Wieder liegen anstrengende Tage hinter "Hinni" Romeike, der als Zahnarzt in einer Gemeinschaftspraxis in Fockbek sein Geld verdient.

Rückblende einer Woche Mitte Dezember: Weihnachtsfeier mit den Praxis-Angestellten, Gespräch mit einem Fachjournalisten über die Sportlerwahl des Jahres, mit der Familie in einem Varieté, Besuch vom NDR-Fernsehen in der Praxis für einen Jahresrückblick. Am Freitag in Münster einen Vortrag gehalten vor Freunden der Vielseitigkeitsreiter. Samstagmorgens mit dem Flugzeug nach München. Dort sprach er vor Berufskollegen. Thema: "Aus Misserfolgen gestärkt hervorgehen". Romeike schmunzelnd: "Dazu konnte ich gute Beispiele bringen, das kam gut an." Stunden später ging es nach Ankum. Paul Schockemöhle hatte zu einem Galaabend geladen.

Ein Groß-Ereignis in diesem Rahmen war zweifellos die Überreichung des Silbernen Lorbeerblattes in Berlin durch Horst Köhler. Der Bundespräsident sprach ihn dabei direkt an: "Sie haben als Reiter alles erreicht. Hören Sie jetzt auf?" Romeikes Antwort: "Der Sport ist für mich eine Herzenssache. Ich zeige, dass ich mit diesem Pferd weiter gewinnen kann."

Dafür erhielt er von Köhler zustimmendes Nicken und ein wohlwollendes Lächeln. Ein weiterer besonderer Momente in der Zeit nach Hongkong war der Olympia-Ball in Warendorf. Dort wurden die Buschreiter, wie die Vielseitigkeitsreiter auch genannt werden, wie Helden gefeiert. Und dann war da ja noch der Auftritt im ZDF bei Menschen 2008, moderiert von Johannes B. Kerner. Gefragt nach dem Erfolg, antwortete Romeike in seiner unnachahmlichen Art und holsteinischen Präzise: "Der Athlet ist das Pferd. Ich bin nur sein Manager. Leistung kann ich nur abrufen, wenn er freundlich bleibt."

Trotz Terminhatz kommt Marius zu seinem Recht. "Wenn es geht, dann reite ich fünfmal in der Woche. An zwei Tagen geht Marius in der Führmaschine. Das genießt er", berichtet Romeike, der zu den letzten olympischen Amateuren zählt.

Marius kam als fünfjähriges Pferd in seine Hände. Romeike: "Wir waren zurück aus dem Skiurlaub. Im Speisewagen habe ich Jens Ritters, der mit im Zug saß, den Schimmel abgekauft." Das Geschäft mit dem Züchter aus Dithmarschen hat sich gelohnt. Mit seinem 14-jährigen Holsteiner Schimmel reitet er wie ein Herz und eine Seele. Marius ist für Romeike ein Sportkollege: "Er ist ein Geschenk des Himmels. Er hat eine unwahrscheinliche Moral. Wenn ich mal einen Fehler mache, drückt er schon mal ein Auge zu." Und wie sieht Romeike sich selbst? "Ich habe als Amateur nicht die Reitroutine wie die anderen. Ich muss es also durch Konzentration wieder wettmachen." Diese fördert er durch seine Arbeit als Zahnarzt, wo er sich auf viele kleine Dinge konzentrieren muss.

Immer wieder muss Romeike die Geschichte von Hongkong erzählen: "Ich erinnere mich noch an jeden Galoppsprung, als ich die 150 Meter auf die Anzeigentafel zugeritten bin und da 0/0 stand." Der doppelte Gold-Erfolg stand damit fest. Und nicht nur der Reiter steht seitdem bei den Fans hoch im Kurs. Auch Marius. Romeike: "Es ist kaum zu glauben, aber noch heute kommen aus ganz Deutschland kistenweise Äpfel und Mohrrüben für ihn als ein Dankeschön für seine Leistungen."

Und wie geht es 2009 weiter? Das Paar startet beim deutschen Championat in Schenefeld, beim CHIO in Aachen und in Luhmühlen. "Unser großes Ziel sind aber die Europameisterschaften im September in Frankreich", so Romeike. Die Zustimmung von Marius hat er.

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