Vom Insolvenzfall zum Pokalanwärter: SC Magdeburg zurück

Magdeburg (dpa) - Endlich wird die Sehnsucht gestillt: Nach der gefühlten Ewigkeit von 3305 Tagen und zwischenzeitlichem finanziellen wie sportlichen Einbruch kehrt der SC Magdeburg zur DHB-Pokalendrunde Final Four nach Hamburg zurück.

Vom Insolvenzfall zum Pokalanwärter: SC Magdeburg zurück
Foto: dpa

An diesem Samstag (16.45 Uhr) spielt der wiedererstarkte Handball-Club gegen Cupverteidiger Füchse Berlin um den Einzug ins Finale - und gilt 19 Jahre nach seinem bislang einzigen DHB-Pokalgewinn als heißer Anwärter auf die Trophäe.

„Dabei zu sein, reicht uns nicht. Wir wollen mehr“, versprach Trainer Geir Sveinsson, „die erste Aufgabe ist am Samstag ein Sieg gegen Berlin. Die Mannschaft ist ganz konzentriert, und wir haben die Qualität, um zu gewinnen.“ Im anderen Halbfinale (14.00 Uhr) stehen sich der Bundesliga-Zweite Rhein-Neckar Löwen und der Dritte SG Flensburg-Handewitt gegenüber.

„Wir reisen als Underdog an, wenn man auf die Tabelle sieht“, sagte Berlins Trainer Dagur Sigurdsson und verspürte den besonderen Reiz vor dem Duell des Bundesliga-Sechsten mit dem Vierten Magdeburg: „Die Paarung hat eine Derby-Atmosphäre. Sie haben den Vorteil, dass sie nicht wie wir im Europapokal spielen mussten.“

Seit der letzten Final-Four-Teilnahme 2006 haben der SC Magdeburg und seine Anhänger eine finanzielle und sportliche Berg- und Talfahrt durchlitten. 2007 triumphierte der Traditionsclub noch im EHF-Pokal - dann folgte der jähe Absturz. Im Zuge von Vorwürfen der Steuerhinterziehung und Veruntreuung öffentlicher Gelder trat der damalige Manager Bernd-Uwe Hildebrandt zurück und hinterließ ein Finanzchaos. 2,522 Millionen Euro Schulden standen zu Buche - und die Insolvenz fast bevor.

Das über Jahre durch Schwarzgelder von mehr als 800 000 Euro aus gerichtlich geahndeten Steuervergehen Hildebrandts mit Spitzenspielern aufgepeppte Team zerfiel. Unter dessen Nachfolger Holger Kaiser, inzwischen Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL, wurden die drohende Insolvenz verhindert und binnen drei Jahren die Verbindlichkeiten auf 1,1 Millionen Euro gesenkt. Vor Beginn der laufenden Saison stand der Club nur noch mit rund 100 000 Euro in der Kreide. „Das Thema Schuldenabbau ist, was den operativen Bereich betrifft, abgeschlossen“, sagte Marc-Henrik Schmedt. Die Lizenz für die nächste Saison bekam der zehnmalige DDR-Meister zum vierten Mal hintereinander ohne Auflagen oder Bedingungen.

Seit 2010 leitet Schmedt als Geschäftsführer die wirtschaftlichen Geschicke des ersten deutschen Champions-League-Siegers. Er setzte den Kurs der finanziellen Gesundung fort, indem er unter anderem die 2. Mannschaft aus der 2. Bundesliga zurückzog. Nach dem Absturz des einstigen Vorzeigeclubs bis auf Platz elf (2010) berappelte sich der SC Magdeburg. 2012 feierte er nach 1000 Tagen Abstinenz sein Comeback im Europacup. „Wir haben eine Menge geschafft in den letzten vier Jahren“, sagte Schmedt nicht ohne Stolz.

Doch erst in dieser Saison ist der deutsche Meister von 2001 wieder richtig durchgestartet. Mit dem neuen Trainer Sveinsson, der pikanterweise von Füchse-Coach Sigurdsson an die Elbe empfohlen worden war, haben die Magdeburger noch Chancen auf den dritten Platz und stehen nach neun Jahren wieder im Pokal-Halbfinale.

Doch trotz der Aussicht auf die Champions League sieht Schmedt den Club noch nicht als reif für die Königsklasse an. „Das ist noch weit weg. Es geht in den nächsten ein, zwei Jahren darum, die Plätze vier oder fünf zu halten. Wir müssen uns verstärken, da sind wir dabei“, meinte der Geschäftsführer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort