Hans-Dieter Schmitz: „Die jungen Leute sind bereit“

Hans-Dieter Schmitz, Trainer des Bergischen HC, über die deutsche Rolle bei der Handball-EM — und den nötigen Umbruch.

Wuppertal. Hans-Dieter Schmitz (64) ist über Jahrzehnte ein erfahrener Mann im deutschen Handball-Geschäft. Seit 2009 trainiert der Lehrer aus Moers den Erstligisten Bergischer HC. Und verfolgt derzeit interessiert die Handball-EM in Serbien.

Herr Schmitz, Deutschland steht in der Hauptrunde und hat optimale vier Punkte mitgenommen. Haben Sie damit gerechnet?

Hans-Dieter Schmitz: Das Spiel gegen Tschechien war unterirdisch. Sie haben sich gesteigert, waren gegen Schweden richtig gut. Da lag der Bundestrainer auch personell richtig: Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki sind eine gute Flügelzange. Und zum weitgehenden Verzicht auf Pascal Hens: Er war bei Turnieren noch nie richtig gut.

Ist Hens die tragische Figur?

Schmitz: Man kann ihn nicht mit Leuten wie Christian Schwarzer oder Markus Baur vergleichen, die hatten eine ganz andere Stabilität. Hens kommt von der Begeisterung. Er ist ein guter, aber kein großer Spieler, der sich gut vermarktet.

Gewinnt Bundestrainer Martin Heuberger auch für Sie an Profil?

Schmitz: Er macht bei diesem Turnier einen Lernprozess durch. Er sieht, dass man Sven-Sören Christophersen das Vertrauen geben muss. Er hat Mut bewiesen, hat Carsten Lichtlein gebracht, Hens rausgelassen, er hat Patrick Wienceck gebracht, obwohl ich mir den noch viel öfter wünschen würde. Womöglich war er an einem Punkt, wo er sagt: Ich habe nichts mehr zu verlieren, ich kann Risiko gehen.

Heuberger ist also der richtige Bundestrainer?

Schmitz: Man muss dem Martin jetzt diese Chance geben, ich traue es ihm zu. Es gäbe eine Idealbesetzung wie Dagur Sigurdsson von den Füchsen Berlin, aber der ist nicht zu bekommen. Heuberger ist eine gute Alternative.

Was ist jetzt noch in den Spielen am Samstag gegen Serbien, Dänemark und Polen zu erwarten?

Schmitz: Ich traue der Mannschaft noch ein, zwei Siege zu, aber ich glaube nicht, dass sie die personelle Größe hat, gegen die ganz Großen mitzugehen. Positiv ist: Die Mannschaft ist konditionell gut drauf. Mit zwei Siegen stünden wir im Halbfinale.

Und der Umbruch, den Berlins Manager Bob Hanning gefordert hat, wäre nicht mehr nötig?

Schmitz: Bob hat nicht Unrecht. Es gibt unbedingt nötigen Veränderungsbedarf.

Als der wäre?

Schmitz: Man muss den Wechsel in Angriff und Abwehr von Kreisläufer Oliver Roggisch unterlassen, halblinks junge Leute wie Christian Dissinger (Kadetten Schaffhausen) oder Fabian Gutbrod (Balingen) eine Chance geben, auf der Mitte vertraut er jetzt Christophersen, das ist gut. Da würde ich auch Uwe Gensheimer mal ausprobieren. Und ich halte den Kreisläufer Christoph Theuerkauf für falsch, Wienceck kann das spielen, der wäre dann auch einer für die Abwehr. Und unser Hendrik Pekeler ist auch nicht schlechter als Theuerkauf. Ich wünsche mir, dass man das mit viel Mut einleitet. Selbst wenn das jetzt gut geht.

Sehen Sie auch konzeptionellen Veränderungsbedarf?

Schmitz (Foto): Das Spielkonzept, das Heiner Brand lange verfolgt hat, funktioniert mit diesen Spielern nicht.

Warum nicht?

Schmitz: Brand hat konsequente 6:0-Deckung und vorne mit ganz vielen Spielzügen gearbeitet. Das funktionierte, als wir in der Spielsteuerung noch geniale Leute hatten. Die haben wir zur Zeit nicht — wie auch nicht den Kreisläufer. Jetzt müssen alle mithelfen, das Team muss freier spielen. Wir Deutsche halten uns gerne an Spielkonzepten fest, aber die jungen Leute sind bereit für Veränderungen. Es verändert sich ja schon etwas: Wir haben gegen Schweden nur zwei Angriffsbewegungen gemacht und die immer wieder kreativ verändert. So stelle ich mir modernen Handball vor.

Serbien - Deutschland, Samstag, 20.15 Uhr/WDR

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