Frauen-Handball kämpft an vielen Fronten

Leipzig (dpa) - Das Aus des Traditionsvereins Frankfurter HC steht symptomatisch für die großen Probleme des deutschen Frauen-Handballs.

Wie viele andere Sportarten in Deutschland muss auch diese Randsportart im Schatten des Fußballs an vielen Fronten kämpfen. Schon die Gegensätze zu den ballwerfenden Männern sind eklatant: Kein Fernsehvertrag, wenn überhaupt nur regionale TV-Berichte, kein Ligasponsor, keine Einnahmemöglichkeiten in internationalen Wettbewerben, keine Millionenetats.

Die Folge: die meist nur ehrenamtlich geführten Vereine stehen oft am Rande Zahlungsunfähigkeit. „Das ist ein schwerer Schlag für den Frauen-Handball, auf den wir gerne verzichtet hätten“, sagte Berndt Dugall, Präsident des Ligaverbands HBF, der Nachrichtenagentur dpa zur Pleite des Frankfurter HC.

Der Meister von 2004 stellte wegen Altlasten in sechsstelliger Höhe den Insolvenzantrag - und ist nicht das erste und wird wahrscheinlich auch nicht das letzte Finanz-Opfer. Etliche Clubs erlebten bereits einen ähnlichen Niedergang: der frühere Doppelmeister 1. FC Nürnberg, die HSG Sulzbach, der VfL Sindelfingen, der ehemalige Europapokalsieger TV Lützellinden oder der TuS Walle Bremen.

Wie die Erstliga-Konkurrenten hatte Dugall das Aus des FHC nicht kommen sehen: „Bei der Ligatagung vor zwei Wochen war das kein Thema, deswegen hat der FHC aufgrund der eingereichten Unterlagen auch seine Lizenz erhalten. Die nun kolportierte Höhe der Verbindlichkeiten war aus den bei der Lizenzierung vorgelegten Zahlen nicht abzusehen.“

Im Gegensatz zur Männer-Bundesliga ist das Lizenzverfahren vereinfacht und analysiert nur bei vorherigen Auflagen die Etats der Vereine. Fällt während oder sogar noch vor der Saison ein Großsponsor aus, sind die Clubs meist nicht mehr zu retten. Vor allem die erheblichen Steigerungen der Sozialbeiträge machen den Vereinen zu schaffen, die für Sponsoren nur eine regionale Strahlkraft haben. Zudem kommen selten 2000 oder mehr Fans in die Hallen.

Selbst mit Erfolgen im Europapokal lässt sich für die Vereine nichts verdienen - im Gegenteil: Vor allem die Champions League ist immer ein Zuschussgeschäft durch hohe Reisekosten, für einige verbunden mit häufigen Umzügen in andere Hallen, weil die eigenen nicht vom Europäischen Verband zugelassen waren.

Nicht nur im Handball sind Clubs in der Schuldenfalle. Zum Beispiel im Fußball (Aachen, Offenbach, Wuppertal, Bad Neuenahr/Frauen), Frauen-Volleyball (Wiesbaden) und Frauen-Basketball (Wolfenbüttel) kam für viele Vereine nach finanziellen Problemen das Aus.

Manager Kay-Sven Hähner vom Zuschauerprimus HC Leipzig sieht in der FHC-Pleite daher auch kein generelles Problem des Frauen-Handballs. „Der Sport ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und deshalb ist das kein spezielles Thema vom Handball und vom Sport“, sagte Hähner der dpa. Fast jeder Sport sei im Schatten des Fußballs eine Randsportart und habe meist nur regionale Bedeutung. „Zudem muss man für die Akzeptanz von Frauen-Profisport kämpfen, weil das immer noch mit Vorurteilen behaftet ist“, meinte er.

Mit zahlreichen Modus-Änderungen versucht die Liga, die Attraktivität für Fans, Medien und Sponsoren zu steigern. Und im Gegensatz zu den Männern ziehen bei den Frauen mittlerweile Liga und Deutscher Handballbund (DHB) an einem Strang. Es wurde eine Jugendbundesliga installiert, schon jetzt arbeitet die Liga mit Reformen auf den großen Höhepunkt, die Heim-WM 2017, hin.

Denn man weiß: Einzig die Nationalmannschaft kann für nationales Interesse sorgen - umso bitterer waren daher Ergebnisse wie das Vorrunden-Aus bei der EM 2010, der 17. Platz bei der WM 2011 und das Verpassen der Olympischen Spiele von London. Doch angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland wird die Pleite des Frankfurter FHC wohl nicht die letzte gewesen sein.

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