Handball-EM Der Traum lebt weiter

Handball Deutschland zittert sich zum 30:29-Sieg gegen Russland

Handball-EM: Der Traum lebt weiter
Foto: dpa

Breslau. Carsten Lichtlein rannte einfach nur noch los. Er schrie vor Freude, breitete seine langen Arme aus und landete schließlich bei Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Für einen kurzen Moment tanzten die beiden über das Spielfeld der Jahrhunderthalle in Breslau. Der Traum der deutschen Handball-Nationalmannschaft vom Einzug ins Halbfinale der Europameisterschaft lebt weiter. Dem 30:29 (17:16) gegen Russland sei Dank. „Es war so ein hartes Match gegen einen starken Gegner“, sagte Sigurdsson, dem die Strapazen einer wechselvollen Partie auch eine Viertelstunde nach dem Schlusspfiff noch anzusehen waren. Zumal sich mitten in die Erleichterung auch Sorgen mischten.

Wegen Muskelverletzungen drohen Steffen Weinhold und Christian Dissinger für den Rest des Turniers auszufallen. „Beide können wohl nicht spielen, wobei es bei Weinhold noch etwas besser aussieht“, gab Bob Hanning, der Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB) zu Protokoll. Sicherheitshalber setzen sich an diesem Montag Kai Häfner (TSV Hannover-Burgdorf) und Julius Kühn (VfL Gummersbach) ins Flugzeug und reisen nach Breslau. Über einen tatsächlichen Spielertausch könnte Sigurdsson bis Mittwochmorgen entscheiden. Wenige Stunden später steht dann die Partie gegen Dänemark an. Bei einem Sieg stünde Deutschland erstmals seit der EM 2008 wieder im Halbfinale eines großen Turniers. „Wenn es ein Team schaffen könnte, diesen Ausfall zu kompensieren, dann ist es diese deutsche Mannschaft mit diesem Bundestrainer“, meinte TV-Experte Stefan Kretzschmar. Doch wie schwerwiegend ein Fehlen der beiden Kieler wäre, zeigte die Partie gegen Russland. Christian Dissinger, der bislang wenig Erfolg bei diesem Turnier hatte, blühte endlich auf. Der 24-Jährige war der Mann für die einfachen Tore, traf sieben Mal und hatte großen Anteil daran, dass sich die DHB-Auswahl nach einem 1:4-Fehlstart (4.) über 10:10 (19.) und 20:18 (37.) auf 25:20 (45.) abgesetzt hatte.

Wobei der Glanz, der noch beim 29:19 gegen Ungarn das Spiel des Weltmeisters von 2007 bestimmt hatte, längst der harten Arbeit gewichen war. „Russland war ein extrem unangenehmer Gegner“, sagte der Wetzlarer Jannik Kohlbacher, der am Samstag wegen einer Erkältung noch das Bett gehütet hatte, sich am Sonntag aber tapfer durchkämpfte. Auch wenn die Russen immer wieder über den Kreis erfolgreich waren und die Abwehr der Deutschen geschickt auseinanderzogen, so schien angesichts des Fünf-Tore-Vorsprungs der vierte Sieg im fünften EM-Spiel nur noch Formsache zu sein.

Doch Sigurdssons Schützlinge zeigten Nerven. Als der vierfache Olympiasieger acht Minuten vor dem Ende zum 26:26 ausglich, schien die Partie sogar zu kippen. Doch jetzt ging Kapitän Steffen Weinhold voran, traf zum 28:26 (54.) und 30:27 (58.). Wiederum dachten alle, die Partie sei gelaufen. Doch Ballverluste von Steffen Fäth und Fabian Wiede brachten Russland abermals zurück. Der letzte Angriff gehörte dem Team von Trainer Dimitri Torgowanow. Aber der Wurf von Dmitrii Zhitnikov, dem ansonsten überragenden Spielmacher der Russen, flog knapp übers Tor. Und der dieses Mal starke Lichtlein rannte einfach los.

Deutschland: Lichtlein (ab 23.), Wolff — Sellin (n.e.), Lemke, Reichmann (5/2), Wiede (1), Pekeler, Weinhold (4), Strobel, Schmidt (6), Fäth (4), Dahmke (2), Ernst, Pieczkowski (n.e.), Dissinger (7), Kohlbacher (1).

Russland: Bogdanov (24. bis 39.), Kireev — Shishkarev (2), Kovalev (1), Chernoivanov (2), Atman (3), Gorbok (3), Chipurin (5), Kalarash, Shelmenko (1), Dashko, Buzmakov (1), Dibirov (7/4), Soroka, Tcelishchev, Zhitnikov (4). Schiedsrichter: Santos/Fonseca (Portugal) — Zuschauer: 6000 — Zeitstrafen: Deutschland fünf (Lemke, Fäth, Pekeler, Dissinger, Reichmann), Russland eine (Buzmakov).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort