Glosse: Mit breiter Brust

Die abknickende Linienführung auf dem neuen DFB-Fußballtrikot ist kein Hinweis auf einen Leistungseinbruch der "Mannschaft", meint WZ-Autor Ekkehard Rüger.

Glosse: Mit breiter Brust
Foto: dpa

Dass Jogis Jungs nach einer makellosen Qualifikation mit breiter Brust nach Russland fahren können, ist aus Fansicht nur zu begrüßen. Und weil beim DFB nichts dem Zufall überlassen wird, erfährt dieses im wohlgeformten Musculus pectoralis major beheimatete Selbstbewusstsein der Nationalspieler nun psychologische Unterstützung dergestalt, dass sie auch einen breiten Bruststreifen mit auf ihre Mission nehmen dürfen. Ein voreiliger Betrachter mag die unterhalb des Bundesadlers abknickende Linienführung des neuen Trikots zwar womöglich irrigerweise als Prophezeiung eines bevorstehenden Leistungseinbruchs interpretieren. Dabei steht sie in Wahrheit dafür, dass ein erfolgversprechender Retrolook nicht länger allein die gelungene Form der Vergangenheit beschwören muss, sondern sich auch auf die missratene Formlosigkeit berufen kann. Schließlich hat die dem WM-Titel bereits 1990 nicht im Wege gestanden.

Zumal das „legendäre Design“ (Adidas-Sprecher Brüggen) nicht nur ein „Blickfang“ (Bundes-Jogi) ist, sondern auch ein Bauchfang. Der nicht mehr figurbetonte Schlabberstil ermöglicht auch denjenigen Fans wieder Bewegungsfreiheit, die ihr Sixpack lieber in der Hand als unter dem Hemd tragen. Mit breiter Brust und breitem Bauch zum fünften Stern — im neuen Trikot stecken Fans und Spieler unter einer Decke.

Designer sagen dazu: Die Form folgt der Funktion.

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