Zwanziger: Privatier im DFB-Auftrag

Berlin (dpa) - Noch einmal wurde Theo Zwanziger umlagert von mehreren Dutzend Kameras, Fotoapparaten und Mikrofonen, alte Weggefährten wie DFB-Schatzmeister Horst R. Schmidt saßen im Auditorium.

„Ich bin in einer gnadenlosen Isolation“, rief der ehemalige mächtige DFB-Boss in den gut gefüllten Saal, in dem er nun offiziell sein Buch „Die Zwanziger Jahre“ präsentierte. Zwanziger lachte über seinen neuen Seitenhieb in Richtung Uli Hoeneß. Bayern-Präsident Hoeneß hatte dem Buchautoren Zwanziger nach dessen teilweise nicht gerade schonenden Auslassungen über viele Protagonisten des deutschen Fußballs sich ausbreitende Isolation angekündigt. „Ich habe mich bemüht, ein diskretes Buch zu schreiben“, erklärte Zwanziger in der Talkrunde bei der Tageszeitung „Der Tagesspiegel“. Das Buch sei „eine Liebeserklärung an den Fußball“ und „keine Abrechnung“.

Viele ehemalige Spieler und Funktionäre haben Zweifel, darunter auch Freunde wie Günter Netzer. „Selbstverständlich“ könne er den Rückzieher Netzers, der als Diskussionsgast der Buchpremiere angekündigt war, verstehen, meinte Zwanziger. Er wäre nach den Vorabveröffentlichungen etwas irritiert“, sagte der Ex-Präsident. Es sei für den weiter im Fußball-Geschäft aktiven Netzer etwas schwierig geworden, „weil er noch andere Freunde im DFB hat“.

Genau damit hat der Funktionärs-Rentner („Meine Zeit im Sport ist zu Ende“) das Problem angesprochen, dass ihn und vor allem den Deutschen Fußball-Bund in den kommenden Monaten noch drücken wird. Als „mehr oder weniger Privatmann“, so Zwanziger selbst, wird der ehemalige Verbandschef in den wichtigsten internationalen Gremien weiter den DFB vertreten. Zwanziger sitzt noch bis 2013 im Exekutivkomitee des europäischen Verbandes UEFA und sogar bis 2015 in der „Regierung“ des Weltverbandes FIFA. „Das sind die Daten - mehr gibt es nicht“, sagte Zwanziger dazu nach der Buchpremiere.

„Das FIFA-Mandat habe ich für mich nicht gewollt“, bemerkte der 67-Jährige. Wenn er aber etwas übernehme, führe er es auch zu Ende, machte Zwanziger deutlich. Dabei hatte er zwischenzeitlich schon einmal an Aufgabe gedacht, verriet er in seinem Buch: „Die Holzhammer-Kritik aus allen Richtungen“ an Präsident Joseph Blatter habe ihm die Lust an seiner FIFA-Mission fast vertrieben: „Ich war kurz davor, mein Amt im Exekutivkomitee abzugeben, ich hatte sogar schon Briefe an Sepp Blatter und Michel Platini formuliert.“

Abgeschickt hat er die Briefe nicht. Inzwischen ist der Jurist Vorsitzender der Kommission, welche die FIFA-Statuten überarbeiten soll, klar auf der Blatter-Seite. „Es war richtig, auf Sepp Blatter und seinen Reformwillen zu setzten“, schrieb Zwanziger. „Ich weiß, dass Blatter Fehler gemacht hat. Ich weiß aber auch, dass nicht all das, was man ihm unterschiebt, sein Verantwortungsbereich ist“, ergänzte er am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin.

Der DFB muss nun mit dem Privatier und Buchschreiber Zwanziger weiter zusammenarbeiten, obwohl das Klima gerade zu seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach unter den Nullpunkt gerutscht ist. Auch bei seiner Buchpremiere riet er Niersbach nochmals, die sozialen Aspekte des Fußballs als DFB-Chef nicht zu vernachlässigen. „Wenn Freundschaften echt sind, werden sich die auch wieder beleben“, meinte Zwanziger. Seine Ausführungen seinen als Ratschläge zu verstehen: „Ich wünsche es doch nur. Das muss doch niemand als Beleidigung auffassen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort