Jüngster Spieler der WM Australier Daniel Arzani: Wenn das Herz schneller schlägt

Der Australier Daniel Arzani ist jüngster Spieler der WM und verkörpert die Hoffnungen auf eine bessere Fußball-Zukunft. Dem im Iran geborenen Jungspund winkt ein Startelfeinsatz gegen Peru.

Der jüngste WM-Spieler Daniel Arzani ist wenige Tage nach seinem WM-Debüt für Australien immer noch überwältigt von der Erfahrung. „Es war irgendwie surreal“, sagte der Angreifer über seine Einwechselung.

Der jüngste WM-Spieler Daniel Arzani ist wenige Tage nach seinem WM-Debüt für Australien immer noch überwältigt von der Erfahrung. „Es war irgendwie surreal“, sagte der Angreifer über seine Einwechselung.

Foto: Dean Lewins

Samara/Sotschi. Das Einmaleins der Fußballer-Floskeln beherrscht Daniel Arzani bereits ausgezeichnet. „It’s not my decision. Maybe. I have no idea.“ Es sei nicht seine Entscheidung. Vielleicht. Er habe keine Idee. Was sollte ein junger Spieler auch sagen, den die australischen Reporter im doppelten Sinne in die Enge trieben. Ob der mit 19 Jahren und knapp sechs Monaten jüngste Spieler dieser WM sich einen Startelfeinsatz für Australien im letzten Gruppenspiel gegen Peru (Dienstag 16 Uhr MESZ/One) zutraut, ist unbestritten — aber es liegt nicht in seiner Macht. Daher versprach der junge Mann nur: „I will do my best.“ Er werde sein Bestes tun. Ob von Beginn an oder als Einwechselspieler.

Im Fischt-Stadion von Sotschi braucht Australien zwingend einen Sieg, und nicht wenige glauben, dass Nationaltrainer Bert van Marwijk in dieser Entscheidungspartie seinen letzten Trumpf ausspielt. Der wendige Dribbler hatte bei seiner Hereinnahme gegen Dänemark (1:1) so auffällige viele gute Szenen, dass der Verzicht auf den kritisierten Robbie Kruse (VfL Bochum) fast schon logisch wäre, zumal der einstige Bundesligatrainer van Marwijk voll des Lobes über seine Geheimwaffe iranischer Herkunft war.

„Es war eine Ausnahme, dass ich ihn mitgenommen habe. Aber ich vertraue seinen Qualitäten, er ist ein sehr intelligenter Spieler. Er ist ein großes Talent, der den Unterschied ausmachen kann.“ Das sagt der routinierte Niederländer nicht einfach so. Auf den schmalen Schultern Arzanis ruhen die Resthoffnungen, um ein bisschen mehr Torgefahr für eine Mannschaft zu erzeugen, die lediglich mit zwei von Mile Jedinak verwandelten Handelfmetern erfolgreich war. Sein ehemaliger Mitspieler Michael Jakobsen hat einmal über den Irrwisch gesagt: „Er hat den X-Faktor, also Qualitäten, die andere nicht haben.“ Technik und Finesse paaren sich bei ihm mit Geschwindigkeit und Draufgängertum. Komponenten, die die meisten Mitspieler nicht einbringen.

Der Jungspund könnte der Sohn des ewigen Tim Cahill sein, der fast doppelt so alt ist. Was Talent und Torjäger eint: eine erfrischende Portion Frechheit und Lebensfreude. Als er dieser Tage seine Gefühle beschreiben sollte, rutschte ihm raus: „Jesus Christus, das ist ziemlich cool.“ Als der in Kasan im Trainingszentrum des renommierten Eishockeyklubs HC Ak Bars untergebrachten Australier in der täglichen Presserunde ihre Nummer 17 präsentierten, die bereits beim unglücklichen Auftakt gegen Frankreich (1:2) debütierte, wurde gelacht und gescherzt. „Es war irgendwie surreal“, erzählte Arzani von seiner Entwicklung. Vor wenigen Monaten noch nicht einmal Stammspieler bei Melbourne City in der australischen A-League trat er nun auf einmal gegen Weltstars an. „Es ist so, als man in den Park geht, und da sind plötzlich Antoine Griezmann und Paul Pogba.“ Die Australier sind übrigens wirklich im Gorki-Park beherbergt.

Und natürlich ging es dort auch noch mal um seine Lebensgeschichte, die es in Australien bei den restriktiven Einwanderungsregeln nicht so häufig gibt. Die ersten sechs Jahre lebte Arzani noch mit seinen Eltern im iranischen Chorramabad. Auf dem anderen Kontinent anzukommen, war nicht nur aufgrund der sprachlichen Barriere schwierig. Einmal sagte er: „Wenn man nicht an sich glaubt, wird man von deren anderen Jungs aufgefressen.“ Sein Aussehen, seine Herkunft — er spürte die Vorbehalte, die mit dem Fußball überwinden konnte. Irgendwann sollte er seinem Schulleiter in der neuen Heimat sagen: „Entweder werde ich Neurochirurg oder ich trage das Trikot der australischen Fußball-Nationalmannschaft.“ Inzwischen ist er mächtig stolz, Down Under auf der Weltbühne des Fußballs repräsentieren zu dürfen. Und dabei kam ihm ein Satz über die Lippen, der nicht als Floskel durchging: „Your heart beats faster“ - dein Herz schlägt schneller.

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