WM 2018 Die WM in Russland: Ein Turnier als großes Politikum

Ein modernes, weltoffenes Land — so will sich Russland bei der Fußball-Weltmeisterschaft präsentieren. Das größte Land der Erde ist erstmals Gastgeber des Spektakels. „Bei uns im Land gibt es sechs Millionen Menschen, die Fußball spielen, und viele mehr, die ihn lieben“, sagt Präsident Wladimir Putin.

FIFA-Präsident Gianni Infantino und Russlands Staatspräsident Wladimir Putin.

FIFA-Präsident Gianni Infantino und Russlands Staatspräsident Wladimir Putin.

Foto: Pierre Lahalle / Witters

Für ihn soll die WM die Bedeutung Russlands auf der sportlichen und politischen Weltbühne unterstreichen.

Putin hat die WM als Chefsache behandelt wie zuvor die Olympischen Winterspiele in Sotschi. 2010 flog Putin, damals Regierungschef, nach Zürich, als Russland unter anderem gegen das favorisierte England den Fifa-Zuschlag für 2018 bekam. Anschließende Korruptionsvorwürfe beeindruckten die Russen nicht.

Der Rückblick auf Sotschi 2014 klafft indes zwischen Russland und dem europäischen Ausland auseinander. In der westlichen Presse wurden vorher der ökologische Raubbau und die Menschenrechtslage kritisiert, hinterher verdunkelte der russische Dopingskandal das Bild. Die Russen sehen ihr Winter-Olympia bis heute als tolles Sportfest, bei dem sie gute Gastgeber waren. Diese Spaltung droht auch bei der WM.

Seit 2014 ist Russlands politisches Sündenregister aus westlicher Sicht immer länger geworden: Übergriffe auf die Ukraine, das brutale Eingreifen in Syrien, mutmaßliche Hackerangriffe auf den Deutschen Bundestag, Einmischung in Wahlen in den USA und Frankreich. Zuletzt hat der Anschlag auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien die Stimmung zwischen Ost und West vergiftet. In Afrika, Asien oder Lateinamerika ist das Bild Russlands jedoch nicht so negativ.

Die russische Führung ist sich ihres Images bewusst. Russland leide unter einem Informationskrieg, behauptete die Vorsitzende des Föderationsrates, Valentina Matwijenko, unlängst auf Besichtigung in der WM-Spielstadt Wolgograd. „Jetzt kommen Millionen Gäste und werden das wahre Russland sehen, die wahren Russen, und der Infokrieg wird sie nicht beeinflussen können“, hoffte sie.

Nach den mit 40 Milliarden Euro aberwitzig teuren Winterspielen in Sotschi gibt Russland nach offiziellen Angaben noch einmal mehr als zehn Milliarden Euro für die WM aus. Viel Geld steckt in den Stadien, bei denen nicht klar ist, wer sie hinterher nutzen soll. Doch als bleibender Effekt sind die Flughäfen und die Verkehrsinfrastruktur der WM-Städte modernisiert worden.

Eine große Rolle in den vier Fußballwochen wird die Sicherheit spielen. Mögliche Fangewalt haben die russischen Behörden schon beim Confederations Cup im vergangenen Jahr wirkungsvoll unterbunden. Eine Sicherheitsfrage aus deutscher Sicht: Wie wird Russland mit dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt umgehen, dessen Recherchen den Skandal von staatlich gestütztem Doping aufgedeckt haben? Moskau hat Seppelt die Einreise erlaubt, zugleich aber angekündigt, ihn zur Vernehmung vorzuladen.

Das Land rechnet mit einer halben Million ausländischer Gäste. Dazu kommen etwa 600 000 russische Fans. Das ist für Russland eine friedliche Begegnung mit dem Ausland in einer noch nie erlebten Größenordnung.

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