Fußballer zelebrieren die Nationalhymnen

Brasília (dpa) - Unvorstellbar eigentlich, dass FIFA-Präsident Joseph Blatter die Nationalhymnen vor Länderspielen schon mal abschaffen wollte. Was wäre eine Weltmeisterschaft ohne diese bewegenden Momente vor dem Anpfiff - voller Patriotismus, Stolz, Rührung und Sangeslust?

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Brasília (dpa) - Unvorstellbar eigentlich, dass FIFA-Präsident Joseph Blatter die Nationalhymnen vor Länderspielen schon mal abschaffen wollte. Was wäre eine Weltmeisterschaft ohne diese bewegenden Momente vor dem Anpfiff - voller Patriotismus, Stolz, Rührung und Sangeslust?

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Da ist es selbst hartgesottenen Fußballprofis erlaubt, eine Träne zu verdrücken. Das betonte dieser Tage auch Brasiliens Abwehrspieler Dani Alves. „Männer weinen nicht? Natürlich dürfen Männer weinen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, im Gegenteil. Diese Emotionen sind nur menschlich, die kann man nicht kontrollieren“, sagte er.

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Sein Teamkollege Neymar musste sich bei der Nationalhymne die Tränen aus den Augen wischen und erklärte später: „Das war einer der bewegendsten Momente meines Lebens.“ Alves, Neymar und Co. sind die Chorknaben der WM. Allen voran Kapitän Thiago Silva, der jedes Mal mit geschlossenen Augen so leidenschaftlich das Lied schmettert, als hänge der Spielausgang davon ab. Seit dem Confed-Cup im vergangenen Jahr singen die Seleção und ihre Fans die zweite Strophe der brasilianischen Nationalhymne a cappella. Gänsehaut garantiert.

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Singe, wem Gesang gegeben? Zico hält das alles für etwas übertrieben. „Ich denke, man muss sich auf das Spiel konzentrieren. Beim ersten Spiel habe ich es sogar noch verstanden“, sagte Brasiliens Fußball-Idol. „Beim zweiten Spiel wusste man schon, dass dies passiert, und ich finde, dass der Spieler eine größere Selbstkontrolle haben muss in jeder Hinsicht.“ Das wiederum hält Alves für Quatsch: „Wenn das Spiel anfängt, ist alles vorbei.“ Und sein Abwehrkollege Marcelo betonte: „Wenn die Fans mit uns die Hymne singen, dann ist das wie aus einer anderen Welt. Es ist unsere Art, dem brasilianischen Volk näher zu sein.“

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Geoffroy Serey von der Elfenbeinküste schluchzte gar hemmungslos vor dem Anpfiff. Aber nicht wegen seines 2004 verstorbenen Vaters, wie viele zunächst dachten. „Es waren die Emotionen, weil ich für mein Land bei der WM spiele“, erklärte er.

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Deutschlands Torjäger Thomas Müller hat schon mal ein Zwinkern für die Fernsehzuschauer übrig, wenn die Kamera an ihm vorüber schwenkt. Aber ansonsten ist die Ouvertüre zu einem WM-Spiel eine ernste Sache: Viele Fußballer legen ihre Hand aufs Herz, stehen kerzengerade, schauen ergriffen gen Himmel, konzentrieren sich auf den Text oder schlucken - um halt doch nicht zu heulen.

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Schlimm genug für die Protagonisten, dass es bei der Partie Frankreich - Honduras in Porto Alegre diese Panne gegeben hatte, als die Hymnen wegen technischer Probleme ausfiel. Das sei eine „Respektlosigkeit seitens der Organisatoren“ gewesen, klagte Frankreichs Innenverteidiger Mamadou Sakho. Brasilien erlebte bei der WM den Abgesang auf Weltmeister Spanien, dabei hat dessen Hymne - der „Marcha Real“ („Königlicher Marsch“) - gar keinen Text. Die „Marseillaise“ der Franzosen ertönt bei den Spielen nicht nur vor dem Anpfiff, sondern wird bei entsprechenden Spielständen auch von den Fans angestimmt.

In Deutschland hatte der CDU-Politiker und frühere DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder einst eine bundesweite Debatte angezettelt: Die Nationalspieler mögen doch bitte den Mund aufmachen bei der Hymne. Dann ging es darum, ob Spieler wie Sami Khedira oder Mesut Özil, die das DFB-Trikot tragen, aber ausländische Wurzeln haben, schweigen dürfen. „Ich denke, dass das persönliche Recht eines jeden Einzelnen, ob er mitsingt oder nicht, höher zu bewerten ist. Und daher sollte das immer eine freiwillige Sache sein“, erklärte Kapitän Philipp Lahm.

Der schwäbische USA-Coach Jürgen Klinsmann wird beim Spiel seines Teams gegen Deutschland am Donnerstag beide Hymnen singen: „Ich finde, die amerikanische Nationalhymne ist eine wunderschöne Hymne.“

Pfiffe von gegnerischen Fans während dieser traditionellen Zeremonie gab es bisher kaum bei der WM. Bei den WM-Playoffspielen 2005 zwischen der Schweiz und der Türkei hatten die Anhänger hingegen für unüberhörbare Störgeräusche gesorgt. Damals sprach FIFA-Boss Blatter von einer Respektlosigkeit und sagte: „In dem Moment, in dem man offensichtlich Nationalismus gepaart mit Leidenschaft und Emotionen hat, hat man zugleich eine explosive Situation. Deswegen denken wir darüber nach, die Praxis mit den Nationalhymnen abzuschaffen.“ Dann hätte man bei der WM womöglich eine Einheitshymne wie in der Champions League.

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