Schweinsteiger nur noch „Spezialkraft“ im DFB-Team

Santo André (dpa) - Ab sofort gehört Bastian Schweinsteiger zum neuen WM-Sonderkommando von Joachim Löw. Es ist allerdings kein Aufstieg für den 102-maligen Nationalspieler, Champions-League-Sieger, Clubweltmeister, je siebenmaligen deutschen Meister und Pokalsieger sowie Vizeeuropameister.

Schweinsteiger nur noch „Spezialkraft“ im DFB-Team
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Denn der Bundestrainer hat kurz vor dem mit Spannung erwarteten ersten Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM am Montag gegen Portugal seine Ersatzmänner zu „Spezialkräften“ erklärt. „Sie haben die Aufgabe, der Mannschaft neue Energie zu geben, neue Impulse zu setzen“, sagte Löw.

Was sich wie eine Aufwertung anhört, ist bei Schweinsteiger oder auch bei Stürmer-Routinier Miroslav Klose zunächst allerdings eine Rückstufung. Denn gegen die starken Portugiesen stehen allen Vorzeichen nach andere Spieler auf dem Rasen der Arena Fonte Nova in Salvador da Bahia. Auch WM-Debütant Mario Götze soll wie bei seinen zwei Joker-Treffern bei der Generalprobe gegen Armenien (6:1) die entscheidenden (Tor-)Stiche in der Mittagshitze erst setzen, wenn der Gegner schon weichgespielt ist.

„Im Zweifel machen diese Spieler den Unterschied“, bemerkte der Bundestrainer bei der positiven Auslegung der Ersatzspielerrolle, die entweder auch Lukas Podolski oder André Schürrle einnehmen wird. Nur einer der beiden England-Legionäre soll beginnen.

Es gebe nicht mehr die „erste Elf“, sondern eine „erste 14“ bei der besonders anstrengenden WM in Brasilien, verfügte Löw. Der Anspruch von Schweinsteiger, dem langjährigen Vizekapitän der DFB-Auswahl, sieht freilich anders aus. „Ich glaube, der Bundestrainer weiß, wie ich ticke und wie es aussieht“, hatte der 29 Jahre alte Münchner noch im Trainingslager in Südtirol erklärt.

Schon aus dem ärztlichen Bulletin der vergangenen Monate ist abzulesen, wie sehr sich der Routinier bis Brasilien quälen musste: Operation am rechten Fersenbein, Stauchung des rechten Sprunggelenks, Operation des rechten Sprunggelenks, Kniereizung. Und zuletzt beeinträchtigten Probleme mit der Patellasehne am linken Knie eine optimale Turniervorbereitung.

Da auch Sami Khedira von Real Madrid sieben Monate nach einem Kreuzbandriss noch nicht in einer Topverfassung sein kann, beordert Löw seinen Kapitän Philipp Lahm zum WM-Auftakt mit in die Mittelfeldzentrale. Für Schweinsteiger ist da kein Platz mehr, weil auch sein Münchner Vereinskollege Toni Kroos vor ihm steht. „In Brasilien darf niemand erwarten, dass er immer über 90 Minuten spielen kann“, sagte der 54-jährige Löw zu einer möglichen Ersatzrolle des Mittelfeld-Strategen Schweinsteiger.

Vor zwei Jahren bei der EM in Polen und der Ukraine hatte Löw noch an seinem „emotionalen Leader“ festgehalten, obwohl dieser auch da wegen einer Fußverletzung nicht bei hundert Prozent Leistungsfähigkeit war. Schweinsteiger bot während des Turniers sogar selbst einmal öffentlich seine Versetzung auf die Bank an - Löw lehnte ab. Offenbar hat der Bundestrainer aus dieser Erfahrung gelernt.

Doch Schweinsteiger, bald 30 und mittlerweile zehn Jahre im Nationalteam, ist ehrgeizig und wird um die Rückbeförderung in die Startformation kämpfen. So wie bei der EURO 2008, als er in der Gruppenphase auch beim Auftaktsieg gegen Polen auf der Bank gesessen hatte und dann in die erste Elf gerückt war. Denn es ist wahrscheinlich schon seine letzte Chance, bei einer WM den ganz großen Coup zu schaffen. „Ich spiele bei Bayern auch nicht um die Plätze vier, fünf, sechs“, hatte Schweinsteiger bemerkt.

Von seinen brasilianischen Clubkollegen Dante und Rafinha ließ er sich von den Besonderheiten des WM-Landes erzählen. Und auf einem Video im Internet ist Schweinsteiger zusammen mit Manuel Neuer in einem Trikot des FC Bahia zu sehen. Beide stimmen zusammen mit brasilianischen Fans in der Nähe des deutschen WM-Quartiers die Hymne des Clubs an. Schweinsteiger nimmt das Land und die Herausforderung an. Sein Motto hatte er schon vor der Anreise festgelegt: „Ich selber denke immer von Spiel zu Spiel.“

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