Wettbetrüger packt aus: WM-Qualifikation betroffen

Bochum (dpa) - Zwei Tore in der zweiten Halbzeit - 40 000 Euro für den Schiri: Das WM-Qualifikationsspiel zwischen Liechtenstein und Finnland vom 9. September 2009 ist nach Aussage von Wettbetrüger Ante Sapina eindeutig verschoben worden.

„In der zweiten Halbzeit hat der Schiedsrichter einen Elfmeter gepfiffen, der überhaupt keiner war“, sagte der 34-jährige Berliner im Zeugenstand des Bochumer Landgerichts. Wiederholungstäter Sapina will das Schmiergeld für den Unparteiischen selbst übergeben haben. Das Spiel in der deutschen Gruppe war 1:1 ausgegangen - beide Tore fielen in der zweiten Halbzeit.

Auch Thomas Cichon, Ex-Profi des VfL Osnabrück, wurde von Sapina als wichtige Figur bei den Manipulationen schwer belastet. Nach Angaben von Staatsanwalt Andreas Bachmann wird in den nächsten Tagen Anklage gegen Sapina erhoben.

Laut Sapina fand das Treffen mit dem korrupten Schiedsrichter auf einem Hotel-Parkplatz in Sarajewo statt. „Ich habe ihn intensiv befragt, ob er das mit den zwei Toren in der zweiten Halbzeit überhaupt schaffen kann“, sagte Sapina den Richtern. Ansonsten wäre es ihm wegen der hohen Wetteinsätze lieber gewesen, wenn er abgesagt hätte. Doch der Schiedsrichter habe zugesagt. Die Partie sei allerdings sehr zäh verlaufen - bis dann plötzlich der Elfmeter gepfiffen wurde. Das zweite Tor sei dann allerdings zufällig gefallen. „Aber man hat trotzdem genau gesehen, dass der Schiedsrichter dazu beigetragen hat, dass unsere Wette gewinnt.“

Sapina war erst 2005 wegen Bestechung des DFB-Schiedsrichters Robert Hoyzer zu zwei Jahren und elf Monaten Haft verurteilt worden. Im Gefängnis hat er allerdings nur wenige Monate gesessen. Vor dem Bochumer Landgericht gab er nun zu, bereits nach der WM 2006 wieder große Summen auf angeblich manipulierte Fußballspiele gesetzt zu haben. Später habe er sich dann auch wieder selbst an Schmiergeldzahlungen an Spieler und Schiedsrichter beteiligt.

Auch Cichon, Ex-Profi des VfL Osnabrück, habe zu den korrupten Spielern gehört. „Cichon war für mich der Häuptling“, sagte der 34- Jährige den Richtern. Wenn Fußballspiele des VfL manipuliert werden sollten, habe Cichon auf jeden Fall auf dem Platz stehen müssen. Bei der Partie gegen Augsburg am 17. April 2009 habe der Profi zum Beispiel eindeutig in den Spielverlauf eingegriffen. „Das erste Tor ging meiner Meinung nach glasklar auf die Kappe von Cichon“, sagte Sapina.

Cichon wies erneut alle Manipulationsvorwürfe zurück. „Ich habe nie Kontakt zu Sapina gehabt, weder telefonisch, noch per SMS. Zu 99,9 Prozent habe ich Sapina auch nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden“, sagte er dem Radiosender „NDR Info“ und fügte hinzu: „Ich weiß definitiv, dass ich weder die Partie gegen Augsburg noch ein anderes Spiel manipuliert habe.“

Bargeld und Karriere-Sprünge: Dem Unparteiischen, der Partie zwischen Liechtenstein und Finnland gepfiffen hat, ist laut Sapina außerdem eine Höherstufung in Aussicht gestellt worden. Beim europäischen Fußballverband UEFA habe man einen Schiedsrichter-Obmann mit 50 000 Euro bestochen. Derselbe Schiedsrichter sollte später auch die U21-EM-Qualifikation zwischen der Schweiz und Georgien verschieben. Das sei allerdings schief gegangen.

Einen anderen Schiedsrichter will Sapina in einer Gaststätte in Kiew getroffen haben. Der Unparteiische sollte die Europa-League- Partie zwischen Basel und Sofia manipulieren. Dafür seien ihm 30 000 oder 40 000 Euro gezahlt worden.

Chef einer Betrüger-Bande will Sapina trotzdem nicht gewesen sein. „Ich habe niemandem Befehle erteilt“, sagte der 34-Jährige den Richtern. „Jeder hat jeden beschissen - es ging für jeden nur um den größtmöglichen Einsatz und den größtmöglichen Gewinn.“ Jeder habe immer nur für sich gearbeitet. Sapina sitzt seit seiner Festnahme vom 19. November 2009 in Untersuchungshaft.

Vor dem Bochumer Landgericht müssen sich seit Anfang Oktober vier mutmaßliche Wettbetrüger verantworten. Laut Anklage waren sie in die Manipulation von über 30 Fußballspielen verwickelt. Die Wettgewinne sollen sich auf rund 1,6 Millionen Euro belaufen haben. Der Prozess wird am 6. Januar fortgesetzt.

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