UEFA vor EM in Schieflage: Präsidenten-Sehnsucht

Budapest (dpa) - Große Sehnsucht nach dem alten Präsidenten, ernste Probleme mit dem neuen Mitglied Kosovo: Keine sechs Wochen vor dem Anpfiff der Fußball-Europameisterschaft präsentiert sich die UEFA in einem bedenklichen Zustand.

UEFA vor EM in Schieflage: Präsidenten-Sehnsucht
Foto: dpa

Der 40. Ordentliche Kongress der Europäischen Fußball-Union am Dienstag in Budapest war nach dem Skandaljahr 2015 kein Signal zum Aufbruch in neue Zeiten. Im Gegenteil: Es manifestierte sich der Eindruck, dass die UEFA in ihrem Dilemma verharrt.

In praktisch jeder Rede wurde der Wunsch nach einer Rückkehr von Präsident Michel Platini geäußert und das Werk des mit einem Ethikbann von sechs Jahren belegten Franzosen beschworen. „Ich hoffe und wünsche mir, dass Michel in wenigen Tagen wieder unter uns sein wird“, sagte sein Platzhalter Angel Maria Villar Llona.

Mit einem Funken Resthoffnung wartet die UEFA auf das Berufungsurteil des Internationalen Sportgerichtshofs CAS in der Causa Platini. Doch hinter den Kulissen muss man sich längst mit einer Neuordnung an der Spitze beschäftigen, die bei einem außerordentlichen Treffen des Exekutivkomitees in Basel am 18. Mai eingeleitet werden soll.

UEFA-Chefjurist Alasdair Bell stellte klar, dass man sogar noch kurzfristig vor der EM einen neuen Chef wählen könnte. „Die Regularien sehen das vor“, sagte er. Wahrscheinlicher ist eine Neuwahl im September. Dann wird es in jedem Fall einen außerordentlichen Kongress geben. Denn die UEFA muss bis spätestens zum 30. September ihr weibliches Mitglied für das neue FIFA-Council wählen.

Die Französin Florence Hardouin, die überraschend die Abstimmung gegen Amtsinhaberin Karen Espelund gewann und ins Exekutivkomitee gewählt wurde, schloss aus, für dieses Amt zu kandidieren. „Ich bin keine Wunder-Frau“, sagte die 49-Jährige.

Vor dem CAS in Lausanne könnte wie der Fall Platini auch die Kosovo-Frage landen. Denn die Aufnahme der Balkanrepublik mit exakt der notwendigen Mehrheit von 28 Stimmen sorgt für eine Riss quer durch die UEFA. 24 Mitglieder votierten gegen die Mitgliedschaft, zwei Stimmen waren ungültig.

Den Widerstand angeführt hatte in einer kontroversen Debatte Serbien. Verbandschef Tomislav Karadžić sprach von einem Bruch der UEFA-Regularien und zeichnete ein düsteres Bild von drohendem „Aufruhr in der Region“. „Wir müssen konsequent die Grundsätze einhalten, damit der Fußball Sport ist und nichts anders als Sport“, sagte Karadžić und sprach doch ständig selbst über Politik.

Fadil Vokkri, Fußball-Verbandschef des Kosovo, hatte in seiner Rede an die Funktionäre appelliert, der „Jugend seines Landes die Chance zu geben, Fußball zu spielen“. Nach dem knappen Resultat sprach er von der Chance, die Geister der Vergangenheit hinter sich zu lassen.

In der kommenden Woche will das Kosovo, das bereits seit 2014 Testspiele bestreiten darf, nun beim FIFA-Kongress in Mexiko-Stadt zum Mitglied des Weltverbandes werden. Eventuell könnte das Team bereits an der Qualifikationsrunde zur Weltmeisterschaft 2018 teilnehmen, die im September beginnt.

Das Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, ist aber noch kein Mitglied der Vereinten Nationen. Dies hatten die Gegner als Kernargument aufgeführt. Eine angedachte Änderung der UEFA-Statuten zur Präzisierung der Aufnahme-Bedingungen hatte vor der Abstimmung nicht die nötige Zwei-Drittelmehrheit bekommen. Die UEFA-Administration ist aber der Überzeugung, dass der Beitritt des Kosovo - für den auch der DFB mit seinem neuen Präsidenten Reinhard Grindel gestimmt hatte - dennoch rechtens ist.

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