Interview Nur noch im Bezahl-Fernsehen: Die Champions-League-Revolution

Sky-Sportchef Roman Steuer spricht über die exklusiven Bezahl-Rechte an der Champions League, die Bundesliga und den Ausstieg aus der Formel 1: „Mehr Mut bei der Verteilung der TV-Gelder wäre gut.“

Interview: Nur noch im Bezahl-Fernsehen: Die Champions-League-Revolution
Foto: Witters/Sky

Herr Steuer, in der vergangenen Saison gab es viel Kritik an der Bundesliga und den Rahmenbedingungen — das kann Ihnen doch nicht gefallen, wenn Ihr Premium-Produkt schlecht geredet wird?

Steuer: Wir sind mit der Saison 2017/18 hochzufrieden, denn es war die erfolgreichste Saison unserer Sendergeschichte — und zwar mit Abstand.

Für Sie sind Zahlen interessant — für uns auch. . .

Steuer: Wir hatten im Durchschnitt eine Reichweite von fast vier Millionen Zuschauern an jedem Bundesliga-Wochenende; in der Spitze sind wir mit 4,5 Millionen nicht mehr weit weg von der ARD-Sportschau. Das ist eine Steigerung von 16 Prozent im Vergleich zu 2016/17 — und das, obwohl nach dem Wegfall des Freitagspiels und der Einführung des Montagspiels nicht alle — 266 von 306 — Bundesligapartien bei Sky zu sehen waren. Rechnet man Montag und Freitag heraus, ist das ein Zuwachs von 34 Prozent.

Angesichts der Dominanz des FC Bayern gab es die Empfehlung an die Bundesliga, die TV-Gelder so zu verteilen, dass der Wettbewerb ausgeglichener werden kann — ähnlich wie in den amerikanischen Ligen. Wird das irgendwann mehrheitsfähig sein?

Roman Steuer, gebürtiger Regensburger, ist seit September 2015 als Executive Vice President für den Gesamtbereich Sport bei Sky Deutschland verantwortlich. Foto: Sky/Andreas Hoffmann

Steuer: Das weiß ich nicht, aber grundsätzlich würde ich mehr Mut bei der Erstellung des Verteilungsschlüssels wünschen. Aber diese Entscheidung liegt bei den Gremien der DFL und damit letztlich bei den Vereinen. Wenn die Liga ausgeglichener ausgestattet würde, täte das dem Fußball wahrscheinlich gut — aber eine Garantie für mehr Spannung wäre das auch nicht.

Auf den Kommentatoren-Plätzen haben Sie mit Reportern wie Buschmann, Dahlmann und Küpper einen Zuwachs an Emotionalität und Fannähe etabliert. Müssten Sie nicht auch neben dem Spielfeld für mehr Emotion sorgen?

Steuer: Unser Kommentatoren-Konzept hat sich bewährt, wir haben ganz bewusst auf die Kombination aus Kompetenz und Leidenschaft gesetzt. Darüber reden die Menschen am nächsten Tag. Nach dem Spiel würde ich mir auch manchmal mehr Emotionalität wünschen, so, wie wir es aus dem DFB-Pokal und von den Olympischen Spielen kennen. Aber wir müssen akzeptieren, dass die Spieler professionell mit den Interview-Fragen umgehen und entsprechend geschult sind.

In Italien gibt es TV-Kameras in den Kabinen.

Steuer: Aber ohne Ton. Auch das bringt den Fan näher heran, aber bei uns wollen das die Vereine tendenziell nicht. Jedenfalls nicht im Fernsehen, wohl aber manchmal über die Social Media-Kanäle der Spieler oder im Vereins-TV. Wir sind mit den Vereinen im Austausch. Eine andere Idee: Mehr den Ton, der bei einem Spiel eingefangen wird, zu Gehör bringen.

Die nächste Champions-League-Saison ist ein Novum in der TV-Sportgeschichte: Erstmals wird ein derart hochwertiger Wettbewerb im Pay-TV zu sehen sein; bei Sky, aber auch beim Streamingdienst "dazn".

Steuer: Das ist ein riesiger Schritt, man kann das ruhig fernsehhistorisch nennen. Es ist das erste Mal, dass ein Kernrecht des Sports ausschließlich nur im Pay-TV und nicht im Free-TV, konkret nicht mehr im ZDF, zu sehen ist. Ich glaube, viele Fußballfreunde haben das noch gar nicht so richtig mitbekommen. Spätestens nach der Auslosung am 30. August wird sich das ändern.

Und dann kommt der große Aufschrei. Zu Recht?

Steuer: Gegen wen richtet sich der Aufschrei? Es müsste doch jedem klar sein, dass das eine sinnvolle unternehmerische Entscheidung ist. Die Zahl unserer Kunden wird sich definitiv erhöhen, wir sehen da großes Potenzial.

Aber Sie haben im Streaming-Dienst "dazn" einen harten Konkurrenten.

Pistorius: Ja, aber wer alle deutschen Mannschaften spielen sehen möchte, kann das nur bei uns — zumindest in der Konferenz. Wir freuen uns auf den Wettbewerb mit "dazn", allein schon deshalb, weil uns dieser Wettbewerb in die Lage versetzt hat, die Rechte aus dem Free-TV herauszuholen.

Müsste das dann nicht auch das Modell sein, um den Bundesliga-Markt zu erobern? Die zeitnahe Free-TV-Berichterstattung in der Sportschau ist Ihnen doch ein Dorn im Auge.

Pistorius: Ich glaube nicht, dass man dieses Modell auf die Bundesliga übertragen kann. Die Existenz der Sportschau hat uns in unserem Wachstum nicht behindert, wir wachsen weiter. Wir führen diese Diskussion im Moment gar nicht, weil das erste Signal dazu von der Liga und den Vereinen kommen müsste — etwa in der nächsten Ausschreibung.

Ist Ihr Abschied aus der Formel 1 das Gegenstück der Champions-League-Medaille?

Pistorius: Da, wo Sky keine echte Exklusivität hat, lohnt sich der Erwerb der Rechte nicht. Exklusivität für unsere Kunden steht im Fokus, und wenn wir für den Kunden keinen wirklichen Mehrwert im Vergleich zum Free-TV sehen, ist es konsequent, sich zu verabschieden. Wir haben seit 1996 die Formel 1 mit sehr viel Aufwand und Herzblut übertragen, das gibt man nicht leichten Herzens auf. Aber wir haben keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr gesehen.

Sky präsentiert die Handball-Bundesliga. Da muss doch bei den Entscheidern ein Handball-Fan sitzen, denn rechnen kann sich das Projekt doch gar nicht.

Steuer: Wir haben ein paar Handball-Fans, aber das hat nichts mit der Entscheidung zu tun. Handball ist in Deutschland die Ballsportart Nummer 2, mit großer Tradition und Verbreitung, mit starken regionalen Zentren, die über das ganze Land verteilt sind. Unsere erste Bilanz ist positiv, die Reichweite ist in der Rückrunde im Vergleich zur Vorrunde um 27 Prozent gestiegen. Die Kooperation mit den Vereinen und der HBL ist sehr gut. Wir werden noch einiges versuchen, um diese manchmal etwas unterschätzte Sportart zur Geltung zu bringen.

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