Fußball-Talentförderung „Trügerisch“: DFB-Nachwuchschef warnt vor Fehlentwicklungen

Berlin (dpa) - Der U-Nationalmannschaftsleiter Meikel Schönweitz hat nach den jüngsten Erfolgen eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Nachwuchsarbeit im Deutschen Fußball-Bund angemahnt.

„Wir befinden uns in einer trügerischen Phase. Wir sind Weltmeister, U21-Europameister und haben uns mit den U-Nationalmannschaften für die letzten 15 Endturniere durchgehend qualifiziert“, sagte Schönweitz der Deutschen Presse-Agentur. „Erfolg ist aber das Ergebnis einer Entwicklung, also eines Prozesses und dieser Prozess bedarf einer ständigen Anpassung.“ Auch Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff hatte zuletzt vor gefährlichen Entwicklungen im deutschen Fußball gewarnt.

In Frankfurt am Main wird der DFB eine bis zu 150 Millionen Euro teure Akademie bauen. „Es ist eine Investition in Wissen, in Know-how und in die Weiterentwicklung des gesamten deutschen Fußballs“, sagte Schönweitz.

Das deutsche System sei gut und funktioniere, man müsse aber auf veränderte äußere Einflussfaktoren reagieren, forderte er. Der Nachwuchsfußball habe sich „rasant professionalisiert, was auch finanzielle Auswirkungen hat“, erläuterte Schönweitz. Dazu kämen Veränderungen in der Gesellschaft, etwa bei Werten und Lernmethoden, sowie die Weiterentwicklung anderer Nationen.

„Um nicht nur Schritt zu halten, sondern weiter Benchmark zu bleiben, müssen auch wir unser System immer weiterentwickeln, neue Wege gehen, vielleicht an der einen oder anderen Stelle anders gewichten“, forderte Schönweitz. Am Dienstag scheiterte die von Schönweitz als Coach betreute U19-Nationalmannschaft trotz eines 4:1-Sieges gegen die Niederlande im letzten Spiel in der Qualifikation zur EM 2018.

Englands Nachwuchsteams hatten im vergangenen Jahr drei von fünf Titeln gewonnen. „England hat nicht nur viel, sondern in der Nachwuchsförderung auch in die richtigen Themen investiert“, schilderte Schönweitz. „Sie besitzen einen riesigen Pool von Toptalenten.“ Deutschlands Ziel müsse es aber nicht sein, so viel Geld wie England zu verdienen. Vorhandenes Geld müsse so eingesetzt werden, dass „wir uns die Topstars weiter selbst ausbilden und sie in der Bundesliga ankommen“.

Der immer früher beginnende Kampf um die Talente erschwert die Nachwuchs-Arbeit nach Ansicht von Schönweitz enorm. „Fakt ist, dass sehr viele Einflüsse auf die Jungs einströmen“, sagte er. „Es fällt immer schwerer, sich frei zu entwickeln und demnach auch immer schwerer, das mögliche Potenzial komplett auszureizen.“

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