WM-Qualifikation Prosinecki: Ein Weltstar trainiert Aserbaidschan

Kaiserslautern (dpa) - Dass er einmal der bestbezahlte Fußballer der Welt war, sieht man Aserbaidschans Nationaltrainer Robert Prosinecki nicht mehr an.

WM-Qualifikation: Prosinecki: Ein Weltstar trainiert Aserbaidschan
Foto: dpa

Der frühere Spielmacher von Real Madrid und des FC Barcelona hat Hüftprobleme, hinkt leicht und raucht Kette. Das einzige, was er wahrscheinlich immer noch so gut kann wie in den 90er Jahren, ist eine Zigarettenschachtel aus 50 Metern Entfernung von der Latte eines Fußballtores zu schießen.

Prosinecki wurde vor 48 Jahren in Deutschland geboren und kehrt am Sonntag nach Deutschland zurück. Denn das kroatische Fußball-Idol ist seit drei Jahren Nationaltrainer von Aserbaidschan, dem letzten deutschen Gegner in der WM-Qualifikation.

Prosinecki hat sich dazu entschieden, einer schillernden Spielerlaufbahn eine ziemlich verwegene Trainerkarriere folgen zu lassen. Er ging einst als kroatischer Nationalheld zum bekanntesten serbischen Club Roter Stern Belgrad zurück. Und er hat jetzt einen Job in Aserbaidschan, bei dem man aufgrund der politischen Verhältnisse kaum etwas gewinnen, aber viel verlieren kann.

Ähnlich wie Katar gehört das kleine und ölreiche Land am Kaspischen Meer zu jenen Autokratien, die den internationalen Sport mit viel Geld aushalten und sich davon ein besseres Image versprechen.

In Baku fanden 2015 die Europaspiele statt, die Formel 1 ist dort seit 2016 zu Gast. Die Europäische Fußball-Union UEFA vergab zuletzt gleich zwei prestigeträchtige Ereignisse an die Hauptstadt Aserbaidschans: Das Europa-League-Finale 2019 sowie vier Spiele der EM 2020. Bei diesem Turnier dabei zu sein, ist das große Ziel wenn nicht sogar der Staatsauftrag in dem autoritär regierten Land.

Prosinecki sagt dazu: „Das ist ein Traum, ja. Aber es wird für Aserbaidschan immer sehr schwer sein, eine WM oder eine EM zu erreichen. Das ist kein klassisches Fußball-Land. Unsere Liga hat nur acht Mannschaften. Das Niveau ist nicht so hoch wie in anderen Ländern.“ Das ist nicht unbedingt das, was der Autokrat Ilham Alijew an der Staatsspitze bei diesem Thema hören will.

Auf der anderen Seite hat Prosinecki viel erreicht, seit er die Nationalelf 2014 übernahm. „Zehn Punkte in der WM-Qualifikation - das ist ein Rekord für Aserbaidschan“, sagt der Kroate trotz der 1:2-Niederlage am Donnerstag gegen Tschechien. „Als ich hier anfing, standen wir in der Weltrangliste auf Platz 135. Jetzt sind wir 93. Mit Karabach Agdam spielt zum ersten Mal ein Verein in der Champions League mit. Es kommen einige junge Talente nach, es gehen immer mehr Leute zum Fußball. Wir haben uns verbessert.“

Nach dem Spiel gegen Deutschland endet Prosineckis Vertrag. Ob er die Aseris zur EM im eigenen Land führen soll oder überhaupt führen will, ist noch nicht klar. Er selbst sagt: „Ich werde sehen, was kommt.“ Und die Machthaber können nun aus der eigenen Erfahrung heraus entscheiden, was für einem Trainertypen sie diese Aufgabe am ehesten zutrauen. Von 2008 bis 2014 beschäftigten sie den ehrgeizigen und akribischen Arbeiter Berti Vogts. Danach durfte Prosinecki ran, der einen deutlich entspannteren Blick auf das Fußball-Geschäft hat.

Nicht einmal seine Rückkehr nach Deutschland bringt ihn groß in Wallung. „Natürlich ist ein Spiel gegen Deutschland für mich etwas Besonderes“, sagt er. Aber nicht, weil er in diesem Land die ersten zehn Jahre seines Lebens verbracht hat und früher in der Jugend der Stuttgarter Kickers spielte. „Deutschland ist Weltmeister“, meint er. Für ihn ist das Spiel am Sonntag nur eine sportliche Herausforderung.

Prosinecki war schon immer so. Gelassen, etwas in sich gekehrt, genialistisch. Vielleicht ist das der beste Weg, um mit einer Karriere umzugehen, die bislang nur aus Extremen bestand.

Prosinecki ist der einzige Spieler der Fußball-Geschichte, der bei Weltmeisterschaften Tore für zwei Länder schoss: 1990 für Jugoslawien, 1998 für Kroatien. Dazwischen lagen die Balkankriege. Das Land, in dem er groß wurde, brach auseinander. Das Team von Roter Stern Belgrad, mit dem er 1991 den Europapokal gewann, genauso.

1991 holte ihn dann erst Real Madrid, 1995 der FC Barcelona. Dort gelandet zu sein, war die eine Seite. Bei beiden Vereinen ständig verletzt zu sein, die andere. „Viele träumen davon, für Real Madrid oder den FC Barcelona zu spielen“, sagt Prosinecki dazu. „Ich habe für Real Madrid und den FC Barcelona gespielt.“

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