Löws Fußball-Zauber

Der Bundestrainer hat ein Team voller Spielfreude und Kreativität, solider Ordnung und Disziplin geformt.

Hamburg. Die Konkurrenz ist geschockt. Die Anwartschaft auf den Titelgewinn bei der Europameisterschaft im nächsten Jahr hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit dem beeindruckenden 3:0-Erfolg gegen die Niederlande, das rund 13 Millionen vor dem Fernsehen verfolgten, so deutlich wie selten zuvor gemacht. Der Unterschied zwischen dem harmonischen Orchester und einer „angetrunkenen Blaskapelle“ wie die niederländische Zeitung „Volkskrant“ die eigene Auswahlmannschaft verhöhnte, erscheint wie eine Fußballwelt von zwei unterschiedlichen Planeten.

„Wir haben Jahre darauf hingearbeitet. Es war unser Ziel, von Jahr zu Jahr besser und konstanter zu werden“, erklärte Bundestrainer Joachim Löw. „Heute kann man gute Mannschaften nur schlagen, wenn man spielerisch besser ist und nicht aggressiver.“ Genau das war die deutsche Elf eindeutig. Und sie hat mit Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger sowie Mario Gomez „noch unglaublich viel Potenzial in der Hinterhand“, sagte der völlig niedergeschlagen wirkende Oranje-Trainer Bert van Marwijk. „Das war für uns ein peinliches Spiel. Das tut weh, weil unser Nachbar jetzt auch spielerisch so stark ist.“

Deshalb macht sich der Bundestrainer auch keine großen Gedanken, ob seine Mannschaft bei der EM in einer Hammer-Vorrundengruppe spielen muss. Am 2. Dezember werden in Kiew die Gruppen für das EM-Turnier vom 8. Juni bis 1. Juli in Polen und der Ukraine ausgelost. „Wir nehmen die Auslosung, wie sie kommt“, sagte der Bundestrainer ungeachtet der Tatsache, dass nach der Vorstellung am Dienstag der Setzliste die deutsche Elf in der Vorrunde auch in eine Gruppe mit Spanien, Frankreich und Portugal gelost werden könnte.

Bei den Spielern klang Löws Selbstbewusstsein ebenfalls deutlich durch. „Das war nahe an der Perfektion“, erklärte Mittelfeld-Organisator Sami Khedira, der diese Freude spürte, sich nicht nur mit den Besten der Welt zu messen, sondern diese wie Brasilien und die Niederlande in diesem Jahr auch geschlagen zu haben. Angst, womöglich die aktuelle Form bis zum EM-Beginn nicht konservieren zu können, sei nicht angebracht.

„Bis zur EM haben wir noch eine Vorbereitung und können sogar noch einen weiteren Schritt nach vorne machen“, sagte der Star von Real Madrid, der damit den amtierenden Weltmeister Spanien herausforderte. Denn auf nichts anderes laufen die Pläne der Nationalmannschaft hinaus. Diesmal soll eine andere Mannschaft den Triumph feiern können. „Natürlich wollen wir den Titel holen“, erklärte Mesut Özil voller Selbstvertrauen. Das zeichnet Miroslav Klose in besonderer Form aus. Sein 113. Länderspiel war für den 33-jährigen Torjäger eines der besten. „Es erübrigt sich, über Miro zu sprechen“, sagte Löw. „Man hat gesehen, wie wertvoll er für die Mannschaft ist. Er ist variabel, torgefährlich und schnell.“ Sein 63. Tor im National-Trikot bringt ihn nahe an die ewige Bestmarke von Gerd Müller (68) heran.

Doch auch er wird sich dem von Bundestrainer Joachim Löw geschickt geschürten Konkurrenzkampf stellen müssen. Seine Spieler müssen keine Angst mehr vor dem Gegner, sondern vielmehr Respekt davor haben, im Kader einen gleichwertigen Konkurrenten um die eigene Position vorzufinden. „Heute waren wir besser als Holland. Das muss nicht unbedingt in einem halben Jahr noch so sein“, sagte der Bundestrainer. „Ich erwarte von den Spielern, dass sie sich selbst in ihren Vereinen in Form halten und sich weiter verbessern.“

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