Löw im Glück: Kampf Bayern gegen BVB als WM-Antreiber

Frankfurt/Main (dpa) - Sechs Bayern, vier Dortmunder - Joachim Löw gefallen auch nach den kurzfristigen Absagen von Toni Kroos und Sven Bender die zunehmend spanischen Verhältnisse in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.

Auf dem Weg zum nächsten Titelanlauf bei der WM 2014 in Brasilien gewinnt der Konkurrenzkampf zwischen den Spielerblöcken der beiden deutschen Top-Vereine an Dynamik. Und der Bundestrainer will zum großen Profiteur dieser Entwicklung werden. „Wir sind ausgeglichener geworden in der Breite. Das ist eine unabdingbare Voraussetzung, wenn man große Ziele hat“, sagte Löw.

Im 20-Mann-Kader für die ersten Punktspiele des Jahres gegen Außenseiter Kasachstan am Freitag in Asatana und vier Tage später in Nürnberg ist der Bayern-Block mit sechs Akteuren immer noch der größte. Und die vier BVB-Profis im Aufgebot sind längst keine Azubis mehr. An dieser Ausgangslage ändert auch die kurzfristige Absage von Münchens Kroos (Knieentzündung) sowie Dortmunds Sven Bender (Grippe) am Montag nicht. Am Wochenende hatte bereits der Leverkusener Lars Bender (Entzündung der Ferse) passen müssen.

„Zwei, drei Absagen sind jetzt noch nicht das Problem“, sagte Löw dem ARD-Hörfunk am Montagabend beim Treffpunkt der 20 Akteure in Frankfurt: „Wenn alle anderen Spieler einsatz- und trainingsfähig sind, denke ich, dass wir keine Spieler nachnominieren müssen.“

Bayern und Dortmund stellen exakt die Hälfte des Kaders. „Beide Mannschaften treiben sich in den letzten Jahren in der Liga an. Beide Mannschaften führen diesen Konkurrenzkampf fast auf Augenhöhe. Ich glaube, dass das für die Entwicklung der Spieler gut ist - und auch für mich als Bundestrainer“, erläuterte der 53-jährige Löw und verriet: „Die Situation ist mir ganz recht.“

Noch bei der EM 2012 standen beim Start gegen Portugal sieben Bayern-Spieler in der Startelf; vom Meister und DFB-Pokalsieger Borussia Dortmund lief allein Abwehrspieler Mats Hummels auf. Aus einem Block sind nun zwei konkurrierende Blöcke geworden. „Jetzt hat sich die Situation ergeben, dass Dortmund international eine Spitzenmannschaft geworden ist. Die Spieler haben sich klasse entwickelt. Jetzt stellen beide viele Spieler ab“, sagte Löw.

Der zugespitzte Kampf Bayern gegen Dortmund sei ihm „gar nicht so unrecht“. Die BVB-Akteure konnten mit ihren Gala-Auftritten in der Champions League auch bei Löw punkten: „Ich finde es gut, dass gerade die jungen Spieler wie Gündogan, Reus, Götze, Hummels, Schmelzer, Bender nach vorne drängen und sich auch international so gut gezeigt haben.“

Die fehlende internationale Reife war ein Hauptgrund, warum Löw noch beim letzten Turnier lieber auf die frustrierten Vize-Bayern um Bastian Schweinsteiger als auf die selbstbewussten Double-Dortmunder um ihren jungen Anführer Hummels vertraute. Nur neun Monate später gehören in dem aktuell verletzten Hummels sowie Marco Reus und Marcel Schmelzer schon drei BVB-Akteure zur ersten Elf; der in dieser Saison überragend spielende Mario Götze steht auf dem Sprung hinein.

Auch EM-Reservist Ilkay Gündogan konnte zuletzt beim 2:1-Sieg in Frankreich beweisen, dass er zu einer ernsthaften Alternative zum in Paris fehlenden Platzhirschen Schweinsteiger heranreifen kann. Zum Generationenwechsel von Schweinsteiger (28 Jahre/97 Länderspiele) zu Gündogan (22/5) wird es aber bis zur WM in Brasilien kaum kommen. „Bastian hat schon viele Schlachten geschlagen, so etwas ist kaum zu ersetzen“, stellte Löw vor den Kasachstan-Spielen klar.

Blockbildung ist für den Bundestrainer keine Philosophie. „Für mich ist die Qualität der einzelnen Spieler entscheidend. Wie kann ein Spieler in unserem System unsere Vorstellungen am besten umsetzen? Das ist für mich entscheidend und weniger, bei welchem Verein einer spielt.“ Trotzdem könnte es am Ende nicht unerheblich sein, dass etwa Reus und Götze im BVB-Trikot bestens harmonieren.

Ein größeres Konflikt-Potenzial in den zwei konkurrierenden Vereinsblöcken befürchtet Löw nicht: „Ich halte es nicht für ein Problem, dass ein zu großes Konkurrenzdenken stattfindet.“ Der DFB-Coach verweist auf die seit Jahren herrschende Situation beim Welt- und Europameister Spanien: „Dort stellen Barcelona und Real Madrid auch die meisten Spieler. Da gibt es auch unglaubliche Schlachten bei den Clásicos, aber in der Nationalmannschaft ist es dann doch wieder so, dass eine gewisse Harmonie herrscht.“

Löws WM-Gleichung könnte also lauten: Bayern + Dortmund = Titelgewinn! „Wir haben zwei absolute Spitzenmannschaften in Deutschland, das sind Dortmund und Bayern. Mir ist das recht, denn ich möchte 2014 in Brasilien 20 Spieler nominieren, bei denen ich sage: Wenn auf der einen Position einer ausfällt, bringe ich einen anderen und der hat auch eine riesige Klasse. Ohne das hat man keine Chance bei einem Turnier. Die Situation ist mir so ganz recht.“

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