Halbfinale in Sotschi Löws große Danksagung - DFB-Boygroup glaubt an Titelcoup

Sotschi (dpa) - Sonne, Strand, Swimmingpool: Nach dem bemerkenswerten Vorstoß ins Confed-Cup-Halbfinale ließ Joachim Löw seine erfrischende Fußball-Boygroup um Sturmjuwel Timo Werner die Annehmlichkeiten in Wladimir Putins Urlaubs-Retorte am Schwarzen Meer genießen.

Am strahlenden Sommertag nach dem 3:1 (0:0) gegen Kamerun und dem Gruppensieg war noch nicht Mexiko das Thema im Teamquartier in Sotschi, sondern Freizeit. Nach der gemeinsamen Regeneration gab der Bundestrainer seinen 21 Spielern am Montag bis um 20.00 Uhr frei.

Ausruhen, ausspannen, abschalten lautete das Programm, bevor es beim WM-Probelauf in den Endspurt geht. Motto: Alles ist möglich - auch der anfangs mit einem uneingespielten Team illusorisch erscheinende Titelgewinn. 50 000 Euro Urlaubsgeld gäbe es dafür pro Akteur. „Wir wollen noch nicht so vermessen sein und sagen: Wir wollen jetzt das Turnier gewinnen. Aber wir sind nicht hier, um zu sagen: Zweiter, Dritter oder Vierter zu werden, reicht uns“, verkündete der Leipziger Timo Werner. „Das nächste Ziel ist, das Finale zu erreichen.“

Der Gruppensieg, den Löw mit seinem Perspektivkader mit nur drei Weltmeistern von Brasilien 2014 als „etwas Außergewöhnliches“ pries, ersparte dem DFB-Tross den Reisestress eines erneuten Umzugs von Sotschi nach Kasan. Das freute Werner und Co. „Am Meer ist es immer ein bisschen schöner. Am Pool zu liegen und sich ein bisschen bräunen oder bei der Hitze mal ins Wasser springen zu können, ist schöner, als auf dem Hotelzimmer zu sitzen“, sagte der 21-Jährige lächelnd.

Hinzu kommt: Statt Europameister Portugal mit Weltfußballer Cristiano Ronaldo schon im Halbfinale zu begegnen, geht es nun gegen Mexiko, die vermeintlich leichtere Aufgabe. Von einer Favoritenrolle für den „Weltmeister light“ wollte Bundestrainer Löw freilich nichts hören oder wissen: „Mexiko ist eine sehr unangenehme Mannschaft mit vielen wendigen, technisch guten Spielern, die extrem laufstark sind.“

Egal, Löws Confed-Cup-Experiment ist ja schon jetzt aufgegangen. Die Promi-Weltmeister wie Boateng, Kroos, Özil und Khedira machen Urlaub. Und die Weltmeister von morgen wie Timo Werner, Leon Goretzka oder Niklas Süle entwickeln sich stellvertretend beim WM-Testlauf zu Druckmachern auf die Stars für die Weltmeisterschaft 2018. „Ich bin wirklich stolz auf die Jungs, wie sie das in den ersten drei Spielen gemeistert haben“, lobte Löw am Sonntagabend im Olympiastadion von Sotschi nach seinem 100. Sieg im 150. Spiel als Bundestrainer.

Auch der 100-Siege-Löw war sich ja nicht sicher gewesen, mit seiner Talenteauswahl unter die besten vier Mannschaften vorzustoßen. „Ich bin sehr stolz und voll des Lobes, dass wir dieses Ziel geschafft haben. Das konnte man vielleicht vorher in der Konstellation nicht unbedingt erwarten“, sagte der 57 Jahre alte Weltmeistercoach.

Gegen Kamerun gelang es Löw sogar, die letzten vier Feldspieler ohne Turniereinsatz zu bringen. Kerem Demirbay war sogar derjenige, der das vor der Pause gehemmt und verkrampft wirkende Team auf Siegkurs brachte. „Mein Tor war die Erlösung für unser Spiel“, sagte Demirbay, der am Tag nach dem Finale seinen 24. Geburtstag feiert. Der Hoffenheimer erzielte sein erstes Länderspieltor, Werner gelangen in seiner vierten Partie für Deutschlands A-Team die ersten zwei.

Der Endspielort St. Petersburg ist nun die Endstation Sehnsucht für diesen Turniersommer. Löws grandiose Serie hat gehalten: Seit er 2004 als Trainer zum DFB kam, erreichte die Nationalelf bei nun acht Turnieren immer mindestens das Halbfinale. Löw erinnerte anlässlich seines 100. Länderspielsieges an die vielen guten Zeiten, aber auch an einige Enttäuschungen bis zum ultimativen WM-Triumph 2014.

Darum stand vor dem Start in die Mexiko-Vorbereitung auch die große Löw'sche Danksagung im Vordergrund. „Hundert Siege sind natürlich auch schön. Das erinnert mich an die Zeit, die ich Nationaltrainer bin“, sagte er gerührt. Der 57-Jährige dankte den engsten Vertrauten wie Manager Oliver Bierhoff, Torwartcoach Andreas Köpke, Chefscout Urs Siegenthaler oder dem früheren Assistenten Hansi Flick, aber auch dem Verband und dem aktuellen Betreuerstab. „Die haben mir auch in manchen Phasen immer wieder die Motivation gegeben, die Inspiration“, sagte der zum internationalen Trainerstar gereifte Schwarzwälder.

Der größte Dank aber ging an die 120 Spieler, die er in elf Jahren einsetzte. „Sie haben es mit guten Leistungen, viel Einsatz und einer guten Einstellung geschafft, dass wir so viele Siege und Erfolge erreicht haben“, erklärte Löw. Auch er konnte am Montag mal kurz innehalten und den Sommer an der „russischen Riviera“ genießen.

Dann geht es mit Volldampf weiter. Der Job beim Confed Cup ist noch nicht erledigt. „Klar ist auch: Wenn man so ein Turnier spielt, dann möchte man nicht einfach nur dabei sein“, sagte der von Löw zum Turniertorwart beförderte Marc-André ter Stegen. Das junge DFB-Rudel wittert seine Chance, wie der Keeper des FC Barcelona erkennen ließ: „Wir haben jetzt eine gute Möglichkeit gegen Mexiko.“

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