Härtetest für „Reformator“ Cesare Prandelli

Rom (dpa) - Nach dem WM-Debakel in Südafrika hat Cesare Prandelli beim viermaligen Fußball-Weltmeister den Generationenwechsel eingeleitet. Mit Charme, Herzlichkeit und Mut führt Italiens neuer Nationalcoach seine „Azzurri“ in den Härtetest gegen Joachim Löws DFB-Auswahl.

Für Italiens neuen Fußball-Nationaltrainer Cesare Prandelli wird das Länderspiel gegen Deutschland zur großen Bewährungsprobe. Nach seiner Debüt-Pleite gegen die Elfenbeinküste und einem lockeren Aufgalopp in der EM-Qualifikation wird der Reformator der radikal verjüngten „Squadra Azzurra“ am 9. Februar in Dortmund erstmals von einem Weltklasseteam auf die Probe gestellt.

Ganz untypisch für den „Calcio italiano“ setzt der 53-Jährige auf schönen Offensivfußball und sagt Schluss mit dem unsäglichen „Catenaccio“. Statt zu mauern, sollen seine „Azzurri“ auch gegen den WM-Dritten angreifen, so das Credo des mutigen Prandelli, der als Mittelfeldspieler bei Juventus Turin unter Trainer Giovanni Trapattoni einst selbst unter dem Defensivfußball zu leiden hatte.

Prandellis Offensiv-Fußball ist schön und erfolgreich. Als Coach des AC Florenz führte er eine junge und vergleichsweise billige Truppe zwischen 2005 und 2010 mehrmals in die Champions League. Nach dem historischen WM-Debakel in Südafrika, wo der Titelverteidiger sieglos in der Gruppenphase ausschied, soll Prandelli nun die „Azzurri“ in die Erfolgsspur zurückführen.

Von seinem Vorgänger Marcello Lippi übernahm der Norditaliener im Sommer eine überalterte und verunsicherte Truppe. Prandelli hat sie radikal verjüngt und setzt angesichts fehlenden Nachwuchses alle Hoffnungen auf den für Dortmund nicht nominierten Stürmer Mario Balottelli (20) und den mittlerweile bei Milan gelandeten Spielmacher Antonio Cassano (28). Lippi hatte das „Enfant Terrible“ stets ausgeschlossen. Prandelli gibt Cassano eine Chance, obwohl der kürzlich auch bei Sampdoria Genua rausflog.

Durchaus ein Wagnis, genauso wie die Verrentung der Routiniers. Keeper Gianluigi Buffon, der nach seinem in Südafrika erlittenen Bandscheibenvorfall in Dortmund sein Nationalelf-Comeback gibt, ist als Kapitän mit seinen 33 Jahren jetzt der Senior im Team. Von den WM-Helden von 2006 kehrt neben Buffon nur noch Daniele De Rossi nach Dortmund zurück.

Dorthin, wo Italien vor fünf Jahren beim WM-Halbfinale die DFB-Elf 2:0 schlug. Nicht nur wegen der Neuauflage dieses WM-Halbfinals ist die Partie in Dortmund für Prandelli etwas ganz Besonderes. Spiele gegen Deutschland sind stets „Prestigeduelle“, betont der „Commissario tecnico“ immer wieder.

Die Partie ist für Prandelli aber auch ein „Gradmesser“. Dortmund soll ihm zeigen, wie sich seine Youngster gegen einen großen Gegner schlagen. Nach der 0:1-Debütpleite im August gegen die Elfenbeinküste holte Italien in der EM-Qualifikation drei Siege gegen Estland (2:1), die Faröer (5:0) und Serbien (3:0) sowie ein 0:0 gegen Nordirland. Eine ordentliche, wenn auch keine glanzvolle Bilanz.

Der mehrfach zum „Trainer des Jahres“ in Italien gewählte Coach bleibt dennoch selbstbewusst, jedoch ohne jeglichen Hang zu Überheblichkeit und Arroganz wie ihn Lippi zeigte. Der Neue ist ein herzlicher Typ. „È simpatico“, sagen die Tifosi, einer, der den in Südafrika verspielten Kredit zurückgewinnen kann. Mit seiner offenen Art, seiner offensiven Taktik und ganz sicherlich mit einem Sieg gegen Deutschland.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort