Wegen Ukraine: Deutsche Politiker kritisieren UEFA

Berlin (dpa) - Knapp zwei Monate vor EM-Beginn haben mehrere deutsche Politiker Menschenrechtsverletzungen im Co-Gastgeberland Ukraine beklagt und die Europäische Fußball-Union teilweise scharf angegriffen.

„Herr Platini hat sich bislang einen schlanken Fuß gemacht, wenn es um die politischen Missstände in der Ukraine ging“, sagte Markus Löning (FDP), der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

UEFA-Präsident Michel Platini solle „die ganze Macht der UEFA einsetzen, um darauf hinzuwirken, dass die schwer kranke Frau Timoschenko noch vor der EM aus der Haft entlassen wird“, sagte Löning. Die kranke Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko war aus dem Straflager in eine Klinik verlegt worden. Sie war im Oktober 2011 in einem umstrittenen Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Seit dem 19. April wird gegen Timoschenko in einem zweiten Prozess wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung verhandelt. Solange sie im Krankenhaus ist, muss Timoschenko nicht an dem Verfahren teilnehmen, bei dem ihr zwölf weitere Jahre Haft drohen. Die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine beginnt am 8. Juni.

Platini wies die Kritik zurück. „Die UEFA ist keine politische Institution und wird nie eine sein. Dafür ist eine EM immer ein großes europäisches Festival, das Kontakte, den Austausch und Diskussionen auf allen Ebenen fördert“, sagte er der „F.A.S.“.

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach verwies auf die Verantwortung der UEFA. „Selbstverständlich verfolgen auch wir beim DFB die Situation in den Ländern, in denen wir zu Gast sind“, sagte Niersbach. „Ich denke, dass hier die UEFA als Veranstalter der EURO 2012 und somit Vertragspartner der Regierung der Ukraine erster Ansprechpartner sein muss.“ Der Deutsche Fußball-Bund setze sich im Rahmen seiner Möglichkeiten „für eine strikte Beachtung der Menschenrechte und Meinungsfreiheit, den Schutz von Minderheiten und die Unabhängigkeit der Justiz ein“, sagte Niersbach der Zeitung.

Mehrere deutsche Politiker äußerten sich besorgt, dass der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch die Fußball-EM nutzen werde, um seine politische Isolation in der EU zu durchbrechen. „Den Handelnden in DFB und UEFA muss klar sein, dass Herrn Janukowitsch keine Bühne gegeben werden darf. Er darf aus diesem Ereignis keine Legitimation schöpfen für die Unterdrückung der Opposition“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok. Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann sprach sich gegen einen Boykott der EM aus, weil dieser weniger das Regime treffen würde als die Sportler und Fans.

Der menschenrechtspolitische Sprecher und parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel soll Frau Timoschenko im Gefängnis besuchen, bevor sie ins Stadion geht. „Ich erwarte lautstarke Kritik von den Sportlern, den Funktionären und von unserer Regierung. Die einzige Chance besteht darin, die Probleme des Landes in den Mittelpunkt zu rücken und dem Regime einen Image-Erfolg zu verweigern“, sagte Beck.

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