Überraschender Titelanwärter: Atlético besser als Real

Madrid (dpa) - Spaniens Fußballfans können es kaum glauben: Nicht Real Madrid kämpft mit dem FC Barcelona um den Titel, sondern der kleine Nachbar Atlético. Der Club aus den Arbeitervierteln im Süden der Hauptstadt stellt die Hierarchie im spanischen Fußball infrage.

Die Rot-Weißen sind mit ihrem Torjäger Radamel Falcao die einzigen, die mit Barças Rekordserie von 12 Siegen in 13 Spielen noch einigermaßen Schritt halten können. Sie liegen an der Spitze der Primera División nur drei Zähler hinter den Katalanen.

Zum Madrider Derby tritt Atlético an diesem Samstag bei Real mit einem Acht-Punkte-Vorsprung gegenüber dem Lokalrivalen an. Jüngere Fans haben eine solche Konstellation noch nie erlebt. Dass „Atléti“ mit einem so großen Vorsprung in ein Derby geht, hatte es zuletzt vor 17 Jahren gegeben - in der Saison 1995/96, in der die Rot-Weißen ihr historisches Double von Meisterschaft und Pokal gewannen. Danach war das Team zumeist ein sicherer Punktelieferant für die „Königlichen“. Der bislang letzte Sieg über Real liegt 13 Jahre zurück.

Diesen Fluch will Trainer Diego Simeone nun brechen. Der Argentinier gilt als der Vater des Erfolgs beim neunmaligen Meister. „El Cholo“ (der Mischling) verordnete Atlético eine Spielweise, wie er sie als Profi des Vereins selbst gepflegt hatte. Mit einem aggressiven Stil in der Abwehr, häufig an der Grenze des Reglements, und direktem Spiel nach vorn machte er Atlético für jede Elf zu einem unbequemen Gegner. In der vorigen Saison führte Simeone das Team auf Anhieb zum Gewinn der Europa League und des europäischen Supercups.

„Der Trainer hat vor allem unsere Einstellung geändert“, sagt Kapitän Gabi. „Früher kämpften wir um den fünften oder sechsten Rang in der Liga, jetzt wollen wir jedes Spiel gewinnen.“ Die raue Gangart des Argentiniers beschreibt Gabi so: „Mit ihm erzählen wir uns keine Witze.“ Der Fußballer aus dem Atlético-Nachwuchs spielt die Rolle, die Simeone früher hatte: Er erledigt die „Drecksarbeit“ im defensiven Mittelfeld. „Gabi ist der bewaffnete Arms Simeones“, meinte die Zeitung „El Mundo“.

Unumstrittener Star der Mannschaft ist Torjäger Falcao. „El tigre“, wie der Kolumbianer genannt wird, erzielte binnen 15 Monaten in 63 Spielen 50 Treffer für Atlético. Seit seinen spektakulären Toren im Finale der Europa League und im Supercup tauchen immer wieder neue Gerüchte auf, Falcao stehe vor einem Wechsel zu einem reicheren Club. Mal wird er mit englischen Vereinen in Verbindung gebracht, mal mit Real Madrid. „Mein Vertrag läuft noch drei Jahre, da denke ich nicht an die Zukunft“, sagte er einem TV-Sender.

Für spielerischen Glanz sorgt der Türke Arda Turan. Er übernahm von Diego die Rolle des Spielmachers. Der Brasilianer war in der vorigen Saison an Atlético ausgeliehen gewesen und kehrte im Sommer zum VfL Wolfsburg zurück. Diego war in Madrid ein Liebling der Fans, konnte aber vom hoch verschuldeten Atlético nicht gehalten werden.

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