Sir Bobby Charlton wird 75: United war sein Schicksal

London (dpa) - Vor Sir Bobby Charlton verneigte sich einst auch Franz Beckenbauer. „England konnte 1966 nur gegen uns gewinnen, weil Bobby Charlton ein kleines bisschen besser war als ich“, sagte der deutsche Fußball-Kaiser.

Charlton, der am Donnerstag 75 Jahre alt wird, war eine tragende Figur beim einzigen WM-Triumph der Three Lions in Wembley. Englands Rekordtorjäger steht aber noch für viel mehr: Das Musterbeispiel eines Gentleman lebte Fairness wie kein zweiter und personifizierte die Vereinstreue bei Manchester United wie in Deutschland wohl nur HSV-Ikone Uwe Seeler. „In 19 Jahren als United-Profi habe ich nicht ein einziges Angebot von einem anderen Club erhalten“, erinnerte sich Charlton einst.

Das lag keineswegs daran, dass man ihn woanders nicht wollte - sein Loyalität war überall bekannt. Der Junge aus Nordengland wurde bei einem Schulspiel von Manchester Uniteds Talentscout entdeckt. Anders als sein älterer Bruder Jack, mit dem er später Weltmeister wurde, musste er nicht den Umweg über einen Bergarbeiterjob gehen, um Profi zu werden.

ManUnited sollte Bobby Charltons Schicksal werden. Dieses war eng verknüpft mit dem tragischen 6. Februar 1958. Als 20-Jähriger war er zusammen mit den anderen „Busby Babes“, wie die Talent-Schar von Trainer-Legende Matt Busby genannt wurde, auf dem Heimflug aus Belgrad. Auf dem Flughafen München-Riem, wo man zum Auftanken zwischengelandet war, passierte die Katastrophe nach dem dritten Startversuch bei schneebedeckter Piste.

Acht United-Spieler kamen ums Leben. Charlton wurde mit seinem Sitz aus dem Flugzeug geschleudert und überlebte ohne größere körperliche Verletzungen. „Der Absturz prägte mein Leben“, sagte er später. „Er spielte, als sei jedes Spiel für seine gefallenen Kollegen“, heißt es auf der United-Homepage.

Unter den Opfern war auch Duncan Edwards, der damals als Englands Jahrhunderttalent galt. Nun übernahm Charlton dessen Rolle und wurde die prägende Figur der besten englischen Fußballjahre. Robert Charlton war Regisseur und Angreifer zugleich, enorm schnell, beidfüßig und berüchtigt für seine gewaltigen Distanzschüsse. Nach Englands WM-Titel 1966 wurde er zu Europas Fußballer des Jahres gekürt. Busby hatte um ihn als Eckpfeiler das United-Team wieder aufgebaut und feierte 1968 beim 4:1 über Benfica in Wembley den ersten Europapokalsieg eines englischen Clubs.

Mit 49 Treffern aus 106 Länderspielen ist Charlton noch immer der erfolgreichste Torschütze der Three Lions. Auch seine 249 Tore aus 758 Partien für United sind unübertroffen. Mehr Spiele für die Red Devils hat nur der immer noch aktive, inzwischen 38 Jahre alte Ryan Giggs bestritten.

Bis in die Gegenwart hält Charlton seinem Verein die Treue. 1984 wurde er einer der Direktoren von United und agiert vor allem repräsentativ. 1986 setzte er sich bei der Trainersuche für einen gewissen Alex Ferguson ein - mit Erfolg. Zudem leistete Charlton mit seiner Kultfrisur, dem sogenannten „Charlton Combover“, einen Beitrag zur englischen Fußball-Folklore.

Sir Bobby, den die Queen 1994 zum Ritter schlug, verkörpert auch heute noch den Würdenträger Fußball-Englands. Sein Trainer-Ziehvater Busby sagte einst über ihn: „Es gab nie einen populäreren Fußballer. Er war als Spieler wie auch als Mensch so perfekt wie man nur sein kann.“

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