Premier-League Überraschung Leicester City ist der gelebte Traum der Fußball-Romantiker

Der Club aus Krefelds Partnerstadt kann morgen Meister der Premier League werden. Das ist, als würde Augsburg deutscher Meister.

Premier-League Überraschung: Leicester City ist der gelebte Traum der Fußball-Romantiker
Foto: Facundo Arrizabalaga

Krefeld. Die Krönung naht. Und ganz England lechzt nach der Vollendung dieses Märchen, das anmutet, als sei es aus der Zeit gefallen. Leicester City wird Meister der Premiere League. Auf diese tollkühne These wetteten vor der Saison zwölf Fußballfans, Quote: 5000:1. Sie erwarten einen Millionengewinn. Womöglich bereits morgen. Mit einem Sieg beim englischen Rekordmeister Manchester United wäre eine der größten Sensationen der vergangenen Jahrzehnte in der Premiere League perfekt. In einer Liga, die sich für die Beste in Europa hält, aber nicht wirklich ist, lässt Leicester City umringt von neureichen Vereinen die Herzen der Fußball-Romantiker höher schlagen. Manfred Schulte, Spielerberater des deutschen Ex-Nationalspielers und Leicesters Abwehr-Chef Robert Huth sagt: „Ganz England drückt Leicester die Daumen. Die englischen Fans wollen keinen Kohle-Club als Meister.“

Die Tottenhams, Manchesters, ob City oder United, die Chelseas oder Arsenals arbeiten sich mühsam am Phänomen Leicester ab. Und scheinen machtlos. „Gelänge die Meisterschaft, wäre das so, als wenn Augsburg den Titel in der Bundesliga holt“, sagt Schulte. Sein Schützling Huth kam im Januar 2015 nach Leicester. Das Jahr nach der Rückkehr in die Premiere League 2014 drohte gleichwohl im erneuten Abstieg zu enden. Noch am 30. Spieltag war Leicester City abgeschlagenes Tabellenschlusslicht. Doch die Foxes legten einen unfassbaren Schlussspurt hin, gewannen sieben der letzten neun Spiele und blieben. Den Weg zum designierten Meister begünstige auch eine unappetitliche Affäre, die Trainer Nigel Pearson den Job kostete. Auf einer Tour durch das Heimatland des thailändischen Clubbesitzers Vichai Srivaddhanaprabha zum Jahresabschluss der Rettung, drehten einige Leicester-Profis anzügliche Videos. Dabei war auch Pearsons Sohn James. Alle Profis mussten gehen, der Trainer gleich mit.

Für Pearson kam Claudio Ranieri, der schon ein bankrottes Chelsea lange vor dem Einstieg eines Roman Abramowitschs in die Champions League führte und als Tüftler gilt. Er arbeitet bei Top-Clubs in den großen Ligen Europas. Neben Chelsea bei Juventus Turin, bei Inter Mailand, bei AS Rom, in Valencia oder Atletico Madrid. Als griechischer Nationaltrainer mit zwei Pleiten gegen die Färöer gescheitert, feierte der „Daily Telegraph“ die Verpflichtung Ranieris als Leicester Trainer mit britischem Humor. „Er passt so gut wie ein eckiger Dübel in ein rundes Loch“, schrieb das Blatt im Sommer 2015.

Ranieri verordnete der Mannschaft eine Defensive streng italienischer Prägung gepaart mit einem Offensivspiel unter größtmöglicher Risikobereitschaft und extremen Tempo. Ranieri der Gegenentwurf zu Guardiola. Auch mit 40 Prozent Ballbesitz ist der Titel möglich, wenn im System die richtigen Bausteine zusammengefügt sind. Das Sturmduo Jamie Vardy und Riyad Mahrez erzielte 39 der 63 Saisontreffer. Vardy spielte bis er 25 Jahre alt war als Amateur. Deutlich mehr Talent bringt der Algerier Mahrez ein, den die „Welt“ wegen seiner kühnen Dribblings als Neymar der Premier League feierte.

Im Mittelfeld ist der Franzose N´golo Kanté Zweikampf-König der Liga. Zu Leicesters Stützen zählen neben Robert Huth auch der Ex-Schalker Christian Fuchs sowie der Deutsch-Ghanaer Jeff Schlupp - und der aus Mainz verpflichtete Shinji Okazaki. Bei dieser Mischung braucht es nicht mehr viel bis zur Krönung - vielleicht nur noch 90 Minuten.

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