FIFA gerät unter Druck - Zwanziger will Untersuchung

Berlin (dpa) - Das brisante Thema Katar taucht auf der Tagesordnung für die FIFA-Exekutivsitzung am Donnerstag und Freitag erst unter Punkt zwölf auf - noch hinter Beachsoccer und diversen Junioren-Weltmeisterschaften.

Kleinreden lässt sich der Berg an Problemen rund um die umstrittene WM 2022 beim Fußball-Weltverband aber schon längst nicht mehr. Der kleine Golfstaat sieht sich neuen Vorwürfen der Menschenrechtsverletzung ausgesetzt. Auch die mögliche Verlegung in die Wintermonate beschäftigt die Verantwortlichen weiter und lässt inzwischen sogar die Deutsche Fußball Liga (DFL) aktiv werden.

Im Mittelpunkt stehen aber die menschenunwürdigen Bedingungen auf den WM-Baustellen, die nach Recherchen der englischen Zeitung „Guardian“ allein 44 nepalesischen Gastarbeitern in nur zwei Monaten das Leben gekostet haben sollen. Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hat als erster hochrangiger FIFA-Funktionär eine Untersuchung durch die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes angemahnt. „Im Gesamtkomplex Katar ist dies ein weiterer Gesichtspunkt, der der FIFA-Ethikkommission mit Herrn Garcia und Herrn Eckert eine sorgfältige Untersuchung der WM-Vergabe an Katar nahelegen müsste“, sagte Zwanziger, der als klarer Gegner der WM gilt, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag).

Das sogenannte Kafala-System, laut dem ausländische Arbeitskräfte ohne einheimischen Bürgen in Katar nicht ein- oder ausreisen dürfen, wird aber offenbar auch auf Fußballprofis angewendet. Demnach sollen Clubs aus der katarischen Liga ausländische Fußballprofis nicht bezahlt und ihnen die Ausreise in ihre Heimat verweigert haben. Entsprechende Recherchen der internationalen Fußballspieler-Gewerkschaft FIFPro liegen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS)“ vor.

„Für die Katarer war ich nichts anderes als ein Sklave. Sie glauben, sie könnten sich alles erlauben und mit Geld alles kaufen - Hochhäuser, Unternehmen, schöne Autos - und Menschen“, beklagte der betroffene ehemalige marokkanische Nationalspieler Abdeslam Ouaddou. Die FIFA soll laut der „FAS“ schon seit einigen Monaten ermitteln. Ein Ergebnis liegt bisher nicht vor.

Dass dies auf der Exekutivsitzung präsentiert wird, ist eher fraglich. Doch die FIFA steht unter Druck. Gut neun Jahre bevor die WM angepfiffen wird, werden die Rufe nach einem vorzeitigen Abpfiff (Internationaler Gewerkschaftsbund) oder einem Boykott lauter. Schon die schwerwiegenden Korruptionsvorwürfe rund um die Vergabe der WM hatten einen dunklen Schatten auf die erste WM am Golf gelegt und die FIFA-Ethikkommission auf den Plan gerufen. Der Abschlussbericht vom Chefermittler Michael Garcia steht noch aus. Der Amerikaner hatte diesen beim FIFA-Kongress im Mai bis spätestens September angekündigt.

Dazu schwelt immer noch der Streit, um eine mögliche Verlegung der WM in die Wintermonate. Die DFL will ihre Position mit den Bundesliga-Vereinen abstimmen. „Wir müssen uns erst einmal darüber klar werden, was wir wollen. Ob zum Beispiel eine Umstellung des Spielplans zeitlich begrenzt oder dauerhaft sein soll“, sagte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig der „Welt am Sonntag“.

Dafür werde die DFL in der kommenden Woche eine Umfrage starten unter allen, die von einer Spielplanänderung betroffen wären. Es gehe um die Meinung „von Vereinsmanagern und Spielern, aber auch von Fernsehstationen, Stadionbetreibern, Spielerberatern, Tickethändlern, Fans bis hin zu Rasenexperten“, erklärte Rettig die DFL-Aktion, die in enger Abstimmung mit dem DFB stattfindet. „Aus dieser Befragung werden wir eine gemeinsame Position erarbeiten und dann schauen, wie wir sie international mehrheitsfähig machen können.“

Wegen der hohen Temperaturen im Sommer von bis zu 50 Grad in Katar soll das Turnier in die Wintermonate verlegt werden. DFL und DFB drängen laut Rettig darauf, dass die FIFA noch keine endgültige Bewertung wegen der noch vielen offenen Fragen vornehmen soll. Es dürfte einiges zu bereden sein am Donnerstag und Freitag. Den WM-Titel im Beachsoccer hat übrigens Russland geholt.

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