WM-Teilnahme unwahrscheinlich Großmächte in spe: China und Katar kämpfen um den Anschluss

Peking/Doha (dpa) - Marcello Lippi hat auf der schillernden Bühne des Weltfußballs keinen wichtigen Titel ausgelassen. Seinen größten Erfolg bejubelte er 2006 im Berliner Olympiastadion, als er das Nationalteam Italiens zum vierten Weltmeistertitel führte.

WM-Teilnahme unwahrscheinlich: Großmächte in spe: China und Katar kämpfen um den Anschluss
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Zehn Jahre zuvor hatte Lippi mit Juventus Turin nacheinander Champions League, Supercup und Weltpokal gewonnen. Doch jetzt erwartet den 68 Jahre alten Trainerfuchs aus der Provinz Lucca seine wohl größte Herausforderung: Lippi soll China zur WM 2018 in Russland führen.

Die beiden aufstrebenden Sportmächte China und Katar trafen in der WM-Qualifikation aufeinander. Nach dem trostlosen 0:0 in Kunming eint die beiden Nationen noch mehr als vorher eines: Beide sind quasi chancenlos, sich noch für das Weltturnier in gut ein eineinhalb Jahren zu qualifizieren. In der Gruppe 1 steht Katar mit nun vier Punkten auf dem vorletzten Platz, China ist in der Sechsergruppe mit zwei Zählern gar Tabellenletzter.

Der Gastgeber der Olympischen Winterspiele 2022 und der Ausrichter der Fußball-WM 2022 streben im Weltsport nach immer mehr Macht und Einfluss. Peking wird die erste Stadt, die nach Sommer- auch Winterspiele austrägt. Für Katar ist nach Handball-WM, Rad-WM und Fußball-WM selbst die Ausrichtung des größten Sportevents der Welt keine Utopie mehr: „Es liegt an Katar. Ich kann mir vorstellen, dass Katar eines Tages ein Kandidat für die Ausrichtung der Olympischen Spiele sein wird“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach in Doha.

Im Fußball ist von jenem Gigantismus bislang nichts zu sehen. China und Katar belegen die Plätze 84 und 91 in der FIFA-Weltrangliste, auch bei den Asienmeisterschaften spielen beide Teams in der Regel keine Rolle. Während die Kataris ihre Kräfte für das Heimturnier in sechs Jahren bündeln und seit geraumer Zeit Talente für die Winter-WM formen, sind die Ausbildungsprogramme der Chinesen bislang fehlgeschlagen.

Staats- und Parteichef Xi Jinping als großer Fußball-Fan träumt von einem WM-Titel für sein Land. Er hat dafür Fußballschulen im ganzen Landen aus dem Boden sprießen lassen, um Chinas Kicker der Zukunft auszubilden. Doch so groß die gehegten Ambitionen sind, so wenig Aufbruchstimmung herrscht im Land.

Nach einem 0:1 gegen Syrien versammelten sich jüngst hunderte Fans vor dem Stadion und forderten den Rücktritt von Cai Zhenhua, dem Präsidenten des chinesischen Fußballverbandes. „Unser Nationalteam hat eine schlechtere Leistung als jede Amateurmannschaft abgeliefert“, urteilte der Fernseh-Kommentator Dong Lu.

Die Situation der Chinesen scheint auf einer sportlich deutlich niedrigeren Ebene der von England zu ähneln: In der nationalen Liga werden für aberwitzige Millionensummen immer neue Spieler aus dem Ausland eingekauft, das Nationalteam aber hat seit seiner WM-Teilnahme 2002 in Japan und Südkorea (null Tore, null Punkte) nie mehr die Endrunde erreicht. Danach sieht es auch diesmal nicht aus.

„Ich weiß nicht, ob wir dieses Wunder noch schaffen, doch wir werden uns mit all unseren Kräften dafür einsetzen. Nichts ist unmöglich, wir machen uns sofort an die Arbeit“, sagte Lippi nach Amtsantritt im Oktober. Sein Vorgänger Goa Hongbo hatte den Posten nach einem 0:2 in Usbekistan abgegeben. Lippi bekundete, er wolle „einen Beitrag zum Wachstum des Fußballs“ in China leisten.

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