Kanada 2015 Das sagt "Natze" über die US-Soccer-Girls

DFB-Torhüterin Nadine Angerer im Gespräch über den Halbfinalgegner USA, die Torhüterleistungen bei der WM und ihr Karriereende.

Kanada 2015: Das sagt "Natze" über die US-Soccer-Girls
Foto: dpa

Montréal. Niemand kennt den Gegner der deutschen Frauen-Nationalmannschaft so gut wie Kapitänin Nadine Angerer. Die 36-Jährige steht selbst noch bei den Portland Thorns unter Vertrag, und in Portland fand einst auch das WM-Halbfinale 2003 statt, in dem Deutschland die USA demütigte. Aber zwölf Jahre später spricht die Torhüterin nicht nur darüber.

Über den Gegner USA
Eine sehr erfahrene Mannschaft, da hat ja kaum eine weniger als 100 Länderspiele. Sie sind spielerisch gut, haben enorm Power, kommen sehr über die Physis — im athletischen Bereich sind sie seit Jahren die führende Nation. Und wenn ich mir die Offensive mit Alex Morgan, Megan Rapinoe, Christen Press oder Abby Wambach anschaue: Da kommt ein geballter ICE auf uns zugerast.

Über den Spielstil
Ganz anders als Frankreich, die sehr ballfixiert, wendig, kombinationssicher sind. Die Philosophie der USA ist viel wuchtiger. Ich habe das in meinen ersten Spielen in der amerikanischen Liga (NWSL) gemerkt: Einen Fünfmeterraum gibt es da nicht für eine Torhüterin — die wird nicht geschützt. Ich muss radikal rausgehen und bin mit der einen oder anderen schon zusammengerasselt.

Über den Spirit der Amerikanerinnen
Ich habe mich da anfangs auch gewundert: Die liegen 0:4 zurück und feuern sich immer noch an. Die Amis tanzen auch vor einem Spiel, das war ich aus Deutschland anders eingewöhnt. Sie haben ein eingebautes optimistisches Gen. Die glauben bis zum Schluss an sich. Nehmen wir nur das WM-Viertelfinale 2011 in Dresden: Die liegen gegen Brasilien zurück, und dann macht Abby Wambach noch einen rein. Die vertrauen ihren Fähigkeiten absolut.

Über ihr Gegenüber
Hope Solo Wir sind sehr unterschiedlich. Sie ist eine sehr, sehr gute Torhüterin. Was sie privat macht, interessiert mich nicht. Ich konzentriere mich auf mein Spiel. Sie lebt so wie sie es will.

Über ihre Erinnerungen an das WM-Halbfinale 2003 gegen die USA
Ich weiß noch: In dem Stadion, in dem ich jetzt mit Portland Thorns spiele, saß ich damals auf der Ersatzbank und war nach diesem Spiel trotzdem fix und fertig. 30.000 Amerikaner waren da und 30 Deutsche — aber nach dem 3:0 für uns war es komplett ruhig, und ich habe nur die 30 Deutschen gehört. Es war ein phänomenales Spiel, denn die USA galten damals im Frauenfußball als unschlagbar. Wir hatten ein Zeichen gesetzt, aber trotzdem haben sie noch zehn Jahre lang die Weltrangliste angeführt. Und sie haben ein extrem hohes Level beibehalten. Ich glaube nicht, dass uns die Erinnerung an 2003 etwas bringt. Waren da eigentlich alle von uns schon geboren? (lacht).

Über den Kunstrasen 2015 in Kanada
Das ist einfach nicht optimal. Dieses schwarze Autoreifen-Granulat stoppt den Ball oft unberechenbar. Da kann man nur schlecht aussehen. Aber so ist es jetzt halt, ich kann mich darüber nicht mehr aufregen.

Über die Torhüterleistungen bei der WM
Ich finde, sie sind wesentlich besser geworden. Ich muss auch einfach mal die Kolleginnen in Schutz nehmen: Wenn es in vielen Länder gar kein vernünftiges Torwarttraining gibt, kann da nichts bei herauskommen. Diese Position braucht Aufmerksamkeit.

Über ihr Karriereende nach der WM
Das kann ich ganz gut verdrängen. Ich verspreche aber: So schnell werden die mich nicht los, denn ich bin gerade dabei sie zu überzeugen, dass ich im Mannschafts-Chat bleibe. Nach der WM werde ich mich im Torwarttrainerbereich fortbilden. Und ich werde sicher auch hospitieren. Aber erstmal muss ich mir eine Auszeit nehmen.

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