Wer kann Neid beerben?

Nach dem WM-Aus hat sich die Bundestrainerin Bedenkzeit erbeten und Spekulationen ausgelöst.

Düsseldorf. Wie das immer so ist, wenn aus dem erwünschten Erfolg überraschend Misserfolg wird. Silvia Neid hat sich Bedenkzeit erbeten, ob sie sich trotz eines Vertrages beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) bis 2016 „noch einmal für eine Europameisterschaft motivieren kann“.

Für Theo Zwanziger ist ein Rücktritt von Silvia Neid absolut kein Thema. „Das kann ich mir nicht vorstellen“, erklärte der DFB-Präsident und kündigte ein Gespräch mit Neid an: „Wir werden reden, aber wir müssen uns für die Zukunft unserer Frauen-Nationalmannschaft doch nicht ernsthaft Gedanken machen. Es wird im Frauenfußball positiv weitergehen.“ Auch für Generalsekretär Wolfgang Niersbach ist ein Rücktritt nicht angesagt: „Wir lassen uns da nicht verrückt machen, ich sehe die Silvia sicher auf ihrem Posten.“

Die Meinung teilen nicht alle. Die Bundestrainerin selbst will sich Zeit lassen. Das hält auch Inka Grings für richtig. „Mich hat überrascht, dass sie einen Rücktritt nicht ausschließt, aber in der ersten Emotion sind solche Äußerungen verständlich. Vorstellen kann ich es mir nicht“, sagte sie am Dienstag im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Ich habe mit der Bundestrainerin noch in der Nacht zum Sonntag lange geredet. Ich hatte absolut nicht den Eindruck, dass sie ans Aufgeben denkt. Ich fände das auch sehr schade.“

Ob Silvia Neid daran denkt oder nicht, die ersten Namen werden bereits gehandelt. Darunter Hans-Jürgen Tritschoks, Dozent an der Deutschen Sporthochschule Köln und ehemaliger Trainer des 1. FFC Frankfurt.

Oder Thomas Obliers, ehemals Trainer beim SC Bad Neuenahr und Sportdirektor beim Verband Nigerias. Martina Voss-Tecklenburg, die in der Bundesliga bei Jena unterschrieben hat, wird genannt, auch Steffi Jones („Ich wünsche mir, dass Silvia Neid Bundestrainerin bleibt“) und Doris Fitschen.

Zwanziger spielt auf Zeit. Und auf die eingehende Analyse des Desasters: „Silvia Neid wird das alles kritisch beleuchten und schauen, ob und wo Fehler gemacht wurden. Auch von ihr.“

Dass es Spekulationen um die Zukunft der Bundestrainerin gibt, ist auch für Inka Grings nicht überraschend. „Das ist normal. Aber ich wäre wirklich sehr überrascht, wenn sie zurücktreten würde. Wir brauchen jetzt Ruhe, jeder muss überlegen, wie er weitermacht, das gilt ja nicht nur für die Bundestrainerin.“

Linda Bresonik sieht ebenfalls „keinen Grund“ für einen Rücktritt von Silvia Neid. „Dass sie sich jetzt so äußert, hat mich total überrascht. Ich könnte nicht verstehen, wenn sie zurücktreten würde“, sagte die 27-Jährige.

Neid allein die Schuld zu geben, wäre fatal und vereinfacht: „Deshalb können wir doch jetzt nicht alle aufhören, Fußball zu spielen.“ Silvia Neid habe nicht umsonst bis 2016 unterschrieben, meint Inka Grings. „Man sollte diesen Äußerungen jetzt auch nicht zuviel Bedeutung zumessen. Natürlich sind alle gespannt, wie sie sich entscheidet.“

Auch Inka Grings weiß noch nicht genau, wie es weitergeht. „Ich war aber mit Silvia Neid einig, dass wir erst nach dem Urlaub entscheiden. Irgendwie muss man einmal abschalten dürfen, was schwer genug wird. Für uns alle hat sich schließlich ein ganz, ganz großer Traum nicht erfüllt.“

Inka Grings schließt für sich selbst nichts aus, weder Rücktritt noch die Europameisterschaft 2013: „Ich will erst einmal meine Ruhe haben. Wie Silvia Neid.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort