Die demontierten Stars

Birgit Prinz und Fatmire Bajramaj waren vor der WM die deutschen Gesichter. Jetzt sind sie tragische Figuren.

Wolfsburg. Vielleicht war es kein Zufall, dass sich die Reste dieser Führungsspielerin zuerst aufschwangen, das Unfassbare zu erklären. Birgit Prinz’ Miene war versteinert, ihre öffentlich gewonnen geglaubte neue Lockerheit war wieder gänzlich dahin.

„Ich bin saumäßig enttäuscht“, sagte die Rekordnationalspielerin mit 214 Länderspielen, aber nur zwei WM-Kurzeinsätzen. „Ich habe mich fit gefühlt und hätte gerne gespielt. Die Trainerin hat anders entschieden, und das akzeptiere ich.“

Die 33-Jährige wirkte wieder beleidigt. Für einen Einsatz gegen Japan war sie offenbar nie in Frage gekommen, nicht einmal warm laufen durfte sie sich. „Wir wissen alle, dass Birgit keine Ersatzspielerin ist“, verkündete Silvia Neid später eine nur scheinbar objektive Wahrheit. Prinz dagegen verriet, ein möglicher Einsatz sei „durchaus der Plan gewesen“, es habe aber keinen verbalen Kontakt gegeben während des Spiels. Zur „Bundestrainerin“. Die sie einst auch gerne öffentlich „Silv“ genannt hatte.

Es blieb der Eindruck: Ihre versöhnlichen und selbstkritischen Aussagen, die sie am Mittwoch auch auf Anraten einiger Medienberater getätigt hatte, schienen sich unter der Last dieses Tages in Wolfsburg verflüchtigt zu haben. Prinz wollte dieses klägliche WM-Aus verhindern.

Sie hatte sich das zugetraut, vielleicht hatte auch ihr Ehrgeiz jeden Zweifel überlagert, dieser Mannschaft helfen zu können. Der Eindruck steht: Da ist etwas kaputt gegangen am Ende einer 15-jährigen Nationalelf-Karriere. Ein Ende auf der Bank, sagte ein Reporter, das könne man sich von dieser Frauenfußball-Figur Prinz doch gar nicht vorstellen.

„So ist es aber“, sagte Prinz und blickte gen Boden. „Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, noch einmal das Nationaltrikot anzuziehen.“ Am Sonntag bestätigte Neid den Abschied von Prinz „und auch Ariane Hingst“ aus der Nationalelf. DFB-Präsident Theo Zwanziger kündigte an, man werde sich um einen gebührenden Abschied der Rekordnationalspielerin kümmern. Nach dem Fall Ballack also der Fall Prinz — der deutsche Fußball hat gut damit zu tun, verdiente Fußballer, die von der Jugend überholt wurden, niveauvoll in den Ruhestand zu entsenden.

Davon ist bei Fatmire Bajramaj noch nicht die Rede. Trotzdem hat das Glamourgirl des deutschen Fußballs die Zeichen dieser WM schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen. Wenn es darauf ankommt, vertraut die Bundestrainerin, die ihren Vertrag vor der WM bis 2016 verlängert hat, nicht auf Bajramaj.

Es war gegen Mitternacht, als Bajramaj ihre ganze Enttäuschung in zwei bedeutungsschwangere Sätze packte. „Ich hätte heute unglaublich gerne gespielt. Für mich ist es unfassbar, dass die anderen Nationen jetzt unsere WM weiterspielen.“ Unsere WM. Dabei war es nie ihre WM. Zwei Kurzeinsätze, ein akzeptables Spiel gegen Frankreich, dann wieder draußen und offenbar keine Alternative im Viertelfinale.

Die Diva des deutschen Fußballs ist links und rechts überholt worden, die roten Fingernägel wirkten nur noch wie ein Relikt aus einer Zeit, in der der Frauenfußball nicht ernst genommen, aber die Show der Bajramaj geliebt wurde. Jetzt hat sich alles ins Gegenteil verkehrt. Aus Protagonisten wurden Statisten. Und die WM geht weiter. Ohne beide.

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