Ex-Fußball-Profi Breitzke: Das schöne Leben war einmal

Günter Breitzke hat mit Borussia Dortmund den DFB-Pokal gewonnen, ist dicke Autos gefahren und hat teure Klamotten getragen. Mit Fortuna Düsseldorf ist er abgestiegen. Nach der Karriere als Fußball-Profi ist er gestrauchelt. Seit 1999 sucht er einem Job.

Köln. „Früher war alles besser“ sagen Menschen, die vor dem Jetzt kapitulieren. „Früher war alles besser“ denkt sich Günter Breitzke fast jeden Morgen. Dann schaltet er in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung in Köln-Stammheim den Fernseher ein und lässt sich berieseln vom Alltags-Trash aus der Röhre. Stundenlang. „Was soll ich auch sonst machen?“, fragt er.

Einst war Günter Breitzke ein geachteter Mittelfeldspieler bei Borussia Dortmund. Er war ein Leichtgewicht, dünn aber schnell, wendig und ideenreich: einer, den die Gegenspieler gefürchtet haben. Mittlerweile fürchtet er sich vor dem Leben, weil ihm die Ideen für das Leben nach der Karriere fehlten. Die Kreativität, die ihn auf dem Platz auszeichnete, brachte er im echten Leben nie auf. Breitzke ist kein schlechter Mensch, er ist nur phlegmatisch. Es scheint, als warte der 43-Jährige bis heute auf den einen erlösenden Anruf, der ihn aus seinem grauen Alltag befreit.

Dabei klingelt sein Telefon selten. Wenn ihn jemand anruft, dann ist es meist einer seiner ehemaligen Weggefährten. „Ich habe nur Kontakt zu meinen Mitspielern“, sagt Breitzke. Sie laden ihn zu jedem Auftritt der BVB-Traditionsmannschaft ein und übernehmen die Fahrtkosten. Und Breitzke kommt. Immer.

Drei Hallenturniere und rund 20 Freundschaftsspiele kommen so über das Jahr zusammen. Das sind gute Tage für Breitzke. Schon auf den Bahnfahrten nach Dortmund ist ihm dann, als wäre er wieder wer. Wenn er seine Fußballtasche neben sich hat, fühlt er sich stark. Den Fußball beherrscht er, da macht ihm niemand etwas vor.

Und wenn er an die vielen Zuschauer denkt, die seine Aktionen beklatschen, und die vielen Schulterklopfer, dann geht es ihm besser. „Gerade wenn es schön voll ist, ist das ein gutes Gefühl“, sagt Breitzke. Dann kommen auch die Autogrammjäger. Er unterschreibt und fühlt, dass es etwas mit Respekt und Anerkennung zu tun haben muss.

Wenn er wieder in seiner Wohnung in Köln-Stammheim ist, gibt es nichts zu schwitzen. Breitzke ist arbeitslos, mit wenigen Ausnahmen seit dem Ende der aktiven Karriere 1999. Kürzlich, als es finanziell wieder arg eng war, haben sie ihm für Wochen den Strom abgestellt. „Das war schlimm“, sagt Mutter Breitzke am Telefon. Sie klingt nach Sorge. Als Kommissionierer habe ihr Sohn gearbeitet. „Das will er jetzt ja auch wieder machen“, sagt sie. „Aber er kriegt ja nichts.“ Breitzke hat nach der Karriere lange mit seinen Eltern in einer Wohnung gelebt.

An seinem grauen Alltag hat auch der Wechsel in die eigenen vier Wände wenig geändert. Noch als Amateurspieler beim SC Brück brach er eine Lehre als Maler und Lackierer ab, um sich ganz auf den Fußball konzentrieren zu können. Und als es dann tatsächlich mit der Bundesliga-Karriere klappte, fuhr er teure Autos, trug teure Klamotten und verzockte sein Geld auf der Pferderennbahn. Das Geld ist schon lange weg.

Er weiß, dass er sich sein momentanes Leben, ein Leben mit Hartz IV, selbst zuzuschreiben hat. Und doch hadert er mit dem Schicksal. „Ich bin einmal gewechselt, und das war mein Untergang“, sagt der gebürtige Kölner. Er meint den Transfer vom BVB zu Fortuna Düsseldorf 1992: „Da sind wir abgestiegen, und dann war Ende. Wenn ich in Dortmund geblieben wäre, wäre es weiter gegangen. Dann hätte ich es geschafft.“ Geschafft, irgendeinen Posten bei den Schwarz-Gelben zu ergattern.

Am liebsten wäre er Trainer geworden. Doch einen Trainerschein hat er nie gemacht. Den Traum von der Arbeitsstelle bei der Borussia hat er nie aufgegeben. „Wir arbeiten daran, dass es mit einem Job klappt“, sagt Breitzke. Was das für einer ist? „Das schauen wir gerade.“ Und wann eine Entscheidung fällt? „Einen konkreten Termin gibt es noch nicht.“ Breitzke wartet weiter. Auf den Anruf, der ihn aus seinem Leben befreit.

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