Polizei wirft zwei AS Rom-Ultras Mordversuch vor

Rom (dpa) - Der brutale Überfall auf Fans des englischen Fußball-Clubs Tottenham Hotspur in Rom vor dem Europa League-Spiel gegen Lazio hatte offenbar einen antisemitischen Hintergrund.

Die Polizei nahm zwei Ultras des AS Rom fest. Sie sollen den blutigen Überfall mit zehn Verletzten zusammen mit Ultras von Lazio geplant haben. Wie italienische Medien am Freitag berichteten, wird ihnen versuchter Mord vorgeworfen. Insgesamt werde bereits gegen 15 der rund 30 maskierten Angreifer ermittelt.

Den Ermittlungen der italienischen Behörden zufolge war die Attacke in einem Lokal am „Campo de Fiori“ kein üblicher Zwischenfall mit radikalen Lazio-Fans vor der Europacup-Partie gegen Tottenham (0:0). Vielmehr habe es sich um einen gezielten antisemitischen Angriff verschiedener römischer Gruppen auf die Tottenham-Anhänger gehandelt. Der Verein aus dem Norden Londons ist für seine von Juden geprägte Geschichte bekannt. Die eigenen Fans bezeichnen sich in Sprechchören als „Yids“.

Der Verteidiger eines der verhafteten Roma-Ultras, Lorenzo Contucci, widersprach der Darstellung in den Medien: „Ich kenne meine Mandaten schon lange. Der Vorfall hatte keinerlei antisemitischen Hintergrund.“

Dem italienischen Club droht ein Nachspiel durch die Europäische Fußball-Union. Der englische Verband FA kündigte an, einen Bericht über die Ereignisse in Rom an die UEFA zu schicken. „Wir sind traurig und bestürzt über die Vorfälle vor dem Spiel und die antisemitischen Gesänge“, sagte ein FA-Sprecher. Radikale Lazio-Fans hatten „Juden Tottenham, Juden Tottenham“ skandiert und ein Banner mit der Aufforderung: „Befreit Palästina“ enthüllt.

Im Oktober war Lazio bereits zu einer Geldstrafe von 40 000 Euro verurteilt worden, weil römische Anhänger im Stadion an der White Hart Lane rassistische Gesänge gegen dunkelhäutige Tottenham-Spieler abgestimmt hatte. „Es wird eine erneute Untersuchung geben“, erwartet Spurs-Manager Andres Villas-Boas.

Lazio-Präsident Claudio Lotito betonte, dass der Club und seine echten Fans nichts mit dem Übergriff zu tun hatten. Er verurteilte die Attacke ebenso „aufs Schärfste“ wie Italiens Verbands-Präsident Giancarlo Abete und Roms Bürgermeister Gianni Alemanno. „Das war ein schrecklicher Überfall einer Bande von Verrückten und Kriminellen“, sagte Alemanno. Er kündigte an, dass die Stadt in einem Prozess gegen die Angreifer als Nebenkläger auftreten wird.

Der römische Rabbiner Riccardo De Segni sprach von „Barbarei“. Er betonte jedoch, dass „der Sport nur zum Vorwand genommen wird, um Krieg zu führen“. Die italienischen Zeitungen verurteilten die Tat. Die „Gazzetta dello Sport“ titelte „Schande!“ Der „Corriere dello Sport“ schrieb von einem „rassistischen Wahnsinn in Rom“. Auch das Presseecho in England war eindeutig: Die „Sun“ sprach von einem „Neonazi-Angriff“. Die „Times“ bezeichnete Rom als die „gefährlichste Stadt Europas“.

In der Nacht vor dem Spiel hatte eine Gruppe von rund 30 maskierten Gewalttätern die Tottenham-Anhänger im Lokal „Drunken Ship“ in der Innenstadt von Rom überfallen. Die Angreifer verletzten zehn Fans, ein Engländer musste wegen mehrerer Stichwunden behandelt werden. Er schwebte nach Angaben der Ärzte nicht in Lebensgefahr. Insgesamt wurden sieben Verletzte in Krankenhäuser gebracht. Ein Engländer musste operiert werden. Der Messerstich eines Angreifers in seinen Oberschenkel hatte nicht nur den Muskel durchtrennt, sondern auch eine Arterie verletzt.

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