Eschweilers Maßband und das Braunschweiger Hirsch-Logo

Braunschweig (dpa) - Ein Maßband von Walter Eschweiler irritiert die Fußball-Historiker. Der frühere Schiedsrichter, inzwischen 77 Jahre alt, hat nach seiner Meinung am 27. Januar 1973 bei der Partie Eintracht Braunschweig - Kickers Offenbach das erste Bundesligaspiel mit Trikotwerbung geleitet.

Für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und mehrere Medien lief die Eintracht aber am 24. März 1973 gegen Schalke 04 erstmals mit dem berühmten Hirsch-Logo aufs Feld. Die Geburtsstunde des Trikotsponsoring ist strittig - im Internet sind für beide Termine mehrere Einträge zu finden.

„Ich hatte vom DFB einen Anruf erhalten und sollte die Größe des Werbelogos nachmessen. Wenn der Hirsch auf dem Trikot größer als 14 Zentimeter ist, sollte ich das Spiel nicht anpfeifen“, berichtete Eschweiler der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage. Der resolute und ebenso pfiffige Unparteiische verlangte ein Schneidermaß und ging an die Vermessung des Hirschen. „Danach habe ich erklärt: Sitzt, passt, wackelt und hat Luft und habe das Spiel angepfiffen. Die Braunschweiger haben mit ihren Werbetrikots gespielt“, bestätigte Eschweiler eine Version, die er schon mehrfach erzählt hat.

In einem Film-Beitrag des NDR erinnerten der inzwischen verstorbene Eintracht-Spieler Wolfgang Grzyb und sein Kollege Klaus Gerwien an den Trubel rund um das Spiel am 24. März. „Die Trikotwerbung verbinde ich immer mit dem Schalke-Spiel“, erklärte der damalige Mannschaftsführer Bernd Gersdorff. Er fügte aber hinzu: „An das Maßband von Eschweiler kann ich mich auch gut erinnern.“ Richtig überzeugend kann der ausgebildete Diplomat Eschweiler die Widersprüche nach 40 Jahren nicht erklären: „Bei meinem Spiel handelte es sich vielleicht um einen Test.“

Die schöne Geschichte stand vor 40 Jahren aber so nicht in den Zeitungen. Eintracht-Präsident Ernst Fricke und Likör-Fabrikant Günter Mast („Jägermeister“), die die Idee der Werbebotschaft auf der Spielerbrust hatten, wollten die Braunschweiger Profis zwar gegen Offenbach erstmals mit dem Hirsch-Trikot ausstaffieren. Doch die DFB-Bosse verboten die Reklametrikots wenige Stunden vor dem Anpfiff per Telegramm. Die finanziell klamme Eintracht, der von Mast 500 000 Mark zugesagt worden waren, fügte sich dem Verbot. Der Verein wollte eine Grundsatzentscheidung abwarten.

Das Magazin „Der Spiegel“ schilderte im Februar 1973 die damaligen Ereignisse so: „Eschweiler hatte vom DFB den Auftrag, das Bundesligaspiel zwischen Eintracht Braunschweig und den Kickers Offenbach am vorletzten Sonnabend abzusetzen, falls die Braunschweiger Hirschhemden tragen. "Spielen sie mit dem Hirsch?" forschte Eschweiler rechtzeitig im Clubhaus nach. Geschäftsführerin Margot Martini: "Nee, wir spielen mit dem Löwen." Das Großwild führten die Braunschweiger seit jeher im Wappen.“

Der DFB, das Jägermeister-Archiv und mehrere Bücher über den deutschen Ex-Meister datieren den Beginn der Trikotwerbung in der Bundesliga auf den 24. März 1973. Das Heimspiel gegen Schalke 04 leitete Schiedsrichter Franz Wengenmayer. Zuvor hatte der DFB das neue Logo am 27. Februar genehmigt. „Beim Januar-Spiel gegen Offenbach ist auf den Fotos der Brauschweiger Spieler keine Werbung zu sehen“, berichtete DFB-Autor Udo Muras. Der Sport-Historiker hatte im Archiv des „Kicker“ nachgeschaut.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort