Gruppengegner Portugal: Alle schauen auf Ronaldo

Sergio Pinto, gebürtiger Portugiese und in Diensten bei Hannover 96, stellt Deutschlands ersten Gruppengegner Portugal vor.

Hannover. Bis zum Start der Fußball-Europameisterschaft am 8. Juni stellen Stars für unsere EM-Serie ihr Land und die Mannschaft vor. Heute: Sergio Pinto (Hannover 96).

Pinto: Das viel wärmere Klima ist wohl der Hauptgrund, warum im alltäglichen Leben in Portugal alles viel später stattfindet: Die Arbeit, die Mahlzeiten — und vor Mitternacht ist eigentlich keiner im Bett. Die Menschen denken sehr familiär, spontaner als in Deutschland, ein Stück unbekümmerter: Sie machen sich weniger Gedanken über morgen, sondern leben in den Tag hinein — was aber nicht heißen soll, dass sie faul sind. Denn Portugiesen sind auch sehr ehrgeizig.

Pinto: Sporting Lissabon im Halbfinale der Europa League, vergangenes Jahr Benfica im Viertelfinale der Champions League, dazu der FC Porto, Champions League-Titelträger von 2004, als Sieger der Europa League: Die internationalen Erfolge der portugiesischen Vereinsmannschaften sind schon sehr beeindruckend für ein so kleines Land. Die Fußballer sind technisch sehr versiert, taktisch hervorragend geschult. Ein Problem ist aber, dass es zu viele ausländische Spieler in der Liga gibt. Deshalb zieht es viele Talente und Top-Spieler nach Spanien, Italien und England.

Pinto: Fußball ist für die Portugiesen sehr wichtig, die Begeisterung der Fans für das Spiel ist mit der in Deutschland vergleichbar. Die Atmosphäre in den Stadien hat zuletzt aber gelitten: In Portugal sind durch die EM 2004 zwar viele hochmoderne Arenen entstanden, die Vereine haben aber ihre Ticketpreise erhöht, um die Baukosten zu refinanzieren. Deshalb bleiben inzwischen weit mehr Portugiesen als früher zu Hause, oder schauen in den Kneipen Fußball.

Pinto: Die Schwäche des portugiesischen Teams ist, dass sie keinen Stürmer der Extraklasse haben, so wie Mario Gomez oder Miroslav Klose. Zudem fehlt manchmal die Robustheit in ihrem Spiel. Ihre Stärken liegen im technischen und taktischen Bereich und vor allem in der individuellen Klasse der Einzelspieler.

Pinto: Portugal ist in der so genannten „Todesgruppe“ mit Dänemark, den Niederlanden und Auftaktgegner Deutschland. Wer sein erstes Spiel verliert, könnte große Probleme bekommen, das Viertelfinale zu erreichen. Wenn Portugal die Gruppe übersteht, traue ich der Mannschaft alles zu, auch den EM-Titel.

Pinto: Neben den beiden Teams, die aus der „Todesgruppe“ überleben, sehe ich nur noch Spanien als Favoriten für das Turnier. Frankreich hat zwar gute Einzelspieler, aber als Team zuletzt kaum etwas erreicht. Italien benötigt noch einige Jahre, um wieder eine schlagkräftige Mannschaft aufzubauen.

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