Bundestrainer Löw setzt geheime Italien-Reize

Évian-les-Bains (dpa) - Der ausgetüftelte Siegplan gegen Italien ist in der praktischen Umsetzung. Bei schönstem Urlaubswetter gab Bundestrainer Joachim Löw mit 22 EM-Spielern den Trainingsstartschuss für das EM-Viertelfinale.

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In dem will die Nationalmannschaft am Samstag (21.00 Uhr) in Bordeaux einen historischen Erfolg erringen. Extra lang und besonders intensiv sei trainiert worden, berichtete Bundestorwarttrainer Andreas Köpke anschließend sichtlich zufrieden.

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Das Feuer in der Mannschaft ist entfacht. „Wir glauben an uns!“, verkündete Torjäger Mario Gomez, der nicht nur den Angstgegner schlagen will, sondern gleich bis ins Finale möchte: „Für mich zählt hier nur, dass wir Europameister werden.“ Dafür bemüht sich der bei Besiktas Istanbul angestellte Stürmer auch darum, den neuen Terroranschlag mit vielen Toten an seinem Arbeitsplatz und Wohnsitz in der Türkei auszublenden. „Das traurige Thema ist natürlich da“, sagte Gomez.

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Nur der an einer leichten Grippe erkrankte Außenverteidiger Jonas Hector verpasste die erste Trainingseinstimmung auf die Italiener. „Wir gehen nicht davon aus, dass es etwas Schlimmeres ist“, sagte Köpke. Hector soll wie in den ersten vier EM-Partien links hinten auflaufen können. Löw verriet immerhin eine zentrale Zielsetzung des Matchplans im Duell der beiden viermaligen Weltmeister: „Wir müssen unsere Stärken ins Spiel bringen und unseren Fußball durchziehen.“

Ansonsten hat die Phase der höchsten Geheimhaltung und Verschleierung begonnen, auch wenn sich die Gegner bestens kennen. Am Donnerstag wird das Training komplett geschlossen. Auch das Abschlusstraining des Weltmeisters vor der Abreise nach Bordeaux am Freitag wird noch auf dem abgeschirmten Übungsplatz am Genfer See durchgeführt, wo italienische Spione keine Einblicke erhaschen können.

Löw hat nach einem Tag des Tüftelns die Übungsinhalte festgelegt, die er einstudieren lässt. „Wir müssen in jedem Bereich noch an Details arbeiten“, bemerkte der Bundestrainer. „Es gibt nicht das große Thema für Verbesserungen“, berichtete Innenverteidiger Mats Hummels: „Das große Ganze passt ja schon.“ Hinten stand viermal die Null, vorne lief die Torproduktion beim 3:0 gegen die Slowakei schon besser. „Wir müssen aber noch mehr zeigen. Man muss vorne gut investieren“, sagte Gomez, mit zwei Turniertreffern bislang DFB-Torjäger Nummer eins.

Löw ist froh, dass zwischen Achtelfinale und Viertelfinale sechs Tage liegen: „Die Pause ist nicht von Nachteil. Wir können in dieser Woche im Training schon den einen oder anderen Reiz setzen.“ Beim ersten Reizpunkt war zumindest in der für Medien zugänglichen Aufwärmphase im Stade Camille Fournier Erfreuliches zu beobachten: Die nach dem Slowakei-Spiel angeschlagenen Defensivkräfte Jérôme Boateng, Hummels und Sami Khedira sowie Flügelstürmer Julian Draxler konnten ohne erkennbare Probleme mitmachen.

Es wird extrem wichtig sein, dass alle Akteure topfit sind und notfalls über 120 Minuten gehen können. Selbst auf ein mögliches Elfmeterschießen werde man sich „optimal vorbereiten“, kündigte Köpke an. „Es wird ein sehr intensives, extrem schweres Spiel“, sagte der vom AC Florenz an Besiktas ausgeliehene Italien-Kenner Gomez.

Anlass für Veränderungen in der Startformation hat Löw eigentlich nicht. Er schloss sie trotzdem nicht aus: „Wir müssen es schaffen, dass wir variabel sind, taktisch und personell.“ Ausrichtung und Aufstellung orientieren sich auch am Plan des Gegners. „Wir machen uns Gedanken, wie die Italiener gegen uns spielen werden, wie sie uns schlagen wollen“, sagte Löw über die internen Gedankenspiele.

Die aktuelle Weltmeister-Generation um Manuel Neuer weiß, dass sie im 916. DFB-Länderspiel das schaffen soll, was Fußballgrößen wie Franz Beckenbauer, Uwe Seeler, Karl-Heinz Rummenigge, Paul Breitner, Michael Ballack oder Philipp Lahm nie gelang: Italien in einem Turnierspiel zu schlagen. Die Zeit ist reif, ja überreif. „Wir sind bereit, die Geschichte umzuschreiben“, verkündete Köpke.

Zusätzliche Energie und Willenskraft sollen Neuer, Hummels, Kroos, Özil und Kollegen aus dem 1:2 im EM-Halbfinale vor vier Jahren in Warschau ziehen. „Wir haben mit Italien noch eine Rechnung offen. Wir haben noch genügend Spieler, die 2012 dabei waren“, erinnerte Köpke. Der Europameister von 1996 glaubt an die Turnierpremiere. „Wir sind erfahrener und reifer geworden. Wir haben uns weiterentwickelt. Aber wir müssen unsere Topleistung abrufen“, erklärte Köpke.

Eines soll diesmal unbedingt vermieden werden, wie Hummels hervorhob: „Wir haben aus dem 2012er-Spiel vor allem gelernt, dass man gegen Italien am besten nicht in Rückstand gerät, weil sie sich dann extrem auf das Verteidigen konzentrieren können.“ Der Matchplan des 27 Jahre alten Münchners klingt einfach: „Am besten wäre es, wenn sich mit einem Führungstor von uns die Statik im Spiel der Italiener ein bisschen verändern würde.“

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