Italien zittert sich ins EM-Halbfinale gegen DFB-Elf

Kiew (dpa) - Der Fußball-Klassiker Deutschland gegen Italien ist perfekt! Der viermalige Weltmeister gewann sein EM-Viertelfinale gegen England nach dem ersten Elfmeterschießen des Turniers vollkommen verdient mit 4:2.

Italien ist damit am Donnerstag die letzte, aber sehr unangenehme Hürde der Mannschaft von Joachim Löw auf dem Weg ins ersehnte Finale. Vor 64 340 Zuschauern im Olympiastadion in Kiew verwandelte Alessandro Diamanti den entscheidenden Strafstoß und verlängerte damit den Elfmeterfluch der „Three Lions“. Nach 120 Minuten hatte es erstmals in diesem Turnier 0:0 gestanden. „Das war ein verdienter Sieg. Das Elfmeterschießen hat Gerechtigkeit gebracht“, sagte der Matchwinner glücklich.

Die deutsche Bilanz zur erhofften Revanche für das verlorene WM-Halbfinale 2006 besagt jedoch nichts Gutes. Noch nie hat eine DFB-Truppe bei einer EM oder WM gegen die Südeuropäer gewonnen. Insgesamt lautet die Statistik: sieben Siege - 14 Niederlagen.

„Wir hatten Charakter und Teamgeist, wir sind überglücklich. Jetzt genießen wir den Sieg, dann denken wir an Deutschland“, sagte Italiens Coach Cesare Prandelli nach dem Thriller. „Deutschland ist Favorit“, ergänzte er. Englands Kapitän Steven Gerrard meinte: „Wir haben geglaubt, heute klappt es. Aber es hätte nicht sein sollen, wir haben alles gegeben.“

Mit Spannung verfolgten Bundestrainer Joachim Löw & Co. den am Ende einseitigen Showdown um den Gegner am Donnerstag in Warschau. Vor dem „Duell der Diven“ mit Mario Balotelli hatte Wayne Rooney getönt: „Wir sind hier, um die Euro zu gewinnen.“

England ging personell unverändert in das Duell, das Italien spielerisch klar bestimmte. Ein „Fluch“ hätte unbedingt sein Ende finden sollen: Die „Three Lions“ hatten seit 1977 kein Pflichtspiel mehr gegen die Südeuropäer gewonnen. Der letzte Erfolg (2:0) überhaupt gegen die „Squadra Azzurra“ datierte vom 4. Juni 1997.

Prandelli stellte auf drei Positionen um. Balotelli kam wieder für Antonio Di Natale ins Team, Leonardo Bonucci ersetzte Giorgio Chiellini und Riccardo Montolivo begann für Thiago Motta.

Nach dem Torklau von Donezk schlugen sich die ukrainischen Fans im Stadion auf die Seite Italiens. Der viermalige Weltmeister setzte gleich das erste Ausrufezeichen: Daniele De Rossi (3.) knallte einen Volleyschuss an den Pfosten von Keeper Joe Hart. Angetrieben von mehreren Tausend „Three Lions“-Anhängern - bei höchstens 500 „echten“ Italien-Unterstützern - stocherte Glen Johnson (5.) aus wenigen Metern in die Arme des glänzenden Gianluigi Buffon.

Es entwickelte sich ein klasse Spiel - die erste „La Ola“ wogte in der 20. Minute durchs Stadion. Die Teams marschierten munter und wuchtig auf die Deckung des Gegners zu, obwohl zahlreiche Akteure mit Gelb vorbelastet waren. Nach einer starken Phase der Engländer kam Italien wieder besser ins Spiel.

Andrea Pirlo, Montolivo, de Rossi: Dem Übergewicht an ballsicheren Strategen im Mittelfeld konnten die taktisch unterlegenen Engländer wenig entgegensetzen. Danny Welbecks (32.) Schuss war zu wenig. Auf der Gegenseite versuchte es wieder mal Balotelli (43.) aus rund 25 Metern - sein Hammer strich nur knapp übers Gehäuse.

Und wieder De Rossi! Kurz nach dem Seitenwechsel traf der Römer (48.) aus kurzer Distanz den Ball nicht richtig. Vier Minuten darauf konnten die furios gestarteten und nun klar überlegenen Italiener in Person von Balotelli und Montolivo Schlussmann Hart nicht bezwingen.

Roy Hodgson reagierte auf die uninspirierte Darbietung seines Teams: Andy Carroll (60.) und Theo Walcott (61.) kamen in die Partie. Vor allem Carroll sorgte in der Offensive für frischen Wind - im Gegensatz zu Rooney, der mehr und mehr abbaute. Kapitän Gerrard fiel im Vergleich zum überragenden Pirlo merklich ab.

Bei den Italienern wurde vor allem in der knisternden Nachspielzeit die Müdigkeit spürbar. Die Engländer stellten sich hinten rein. Eine Flanke von Diamanti (101.) touchierte den Pfosten. Antonio Nocerino (114.) traf aus Abseitsposition - ehe Diamanti im Elfmeterschießen die Entscheidung zu später Stunde brachte.

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