Hansi Flick: Der Bundestrainer-Flüsterer

Löws Assistent Hansi Flick ist der Antreiber im Hintergrund.

Danzig. Es war im Herbst in Hamburg, wenige Tage vor dem Freundschaftsspiel gegen Holland. Damals hatte das Trainerteam der Nationalelf die Mannschaft der Journalisten zu einem Kick in eine Soccerhalle eingeladen.

Es gibt unter den Schreibern einige gute Fußballspieler, frühere Profis gar, kurz vor Schluss führte die Presse mit 17:15. Da wehrte sich einer auffällig gegen die Niederlage. „Auf geht’s jetzt“, schrie er. Er rackerte, forderte, kämpfte, rannte, schoss. Am Ende siegten Löw und Kollegen mit 21:18. Dank Hansi Flick.

Der 47-jährige Co-Trainer der Nationalmannschaft gilt als stiller Helfer von Joachim Löw, und wer den gebürtigen Heidelberger erlebt, kann kaum glauben, dass Flick einer der Motivatoren ist. Löw selbst hat es verraten, wie ihn sein Assistent aus dem Tief nach der WM 2010 geholt habe. Flick sagt: „ Es ist wichtig, eine Vision zu haben.“

Ehrgeiz ist sicher eine Tugend von Flick. Als Profi des FC Bayern ist er in den fünf Jahren von 1985 bis 1990 viermal deutscher Meister geworden, und jetzt, nach EM-Silber 2008 und WM-Bronze 2010 sagt er selbstsicher: „Ich denke, dass wir genügend Niederlagen kassiert haben.“

Natürlich ist Hans-Dieter Flick, den alle nur Hansi rufen, der Arbeiter im Team. Auch in Danzig verteilt er beim Training die Hütchen. „Wenn ich nur Befehlsempfänger wäre, dann würde ich ihn nicht machen.“ Sein Selbstbewusstsein wird deutlich, wenn er — was selten vorkommt — seinem Chef mal widerspricht. Flick findet, dass Eckbälle und Freistöße entscheidend sein können.

„Unser Manko ist, dass wir bei Standards nicht so effektiv sind“, sagt Flick, „in dieser Sache bin ich mit Jogi nicht immer einer Meinung. Ich denke, wir müssen sie mehr trainieren.“ Jogi sehe das Ganze, „er hat andere Schwerpunkte“. Flick akzeptiert das. Schließlich eint beide die gemeinsame Sicht auf das Spiel der Moderne.

Im Vorfeld der EM absolvierte das Trainerteam verschiedene Workshops. Auch bei Flick zuhause. Es ist eine verwegene Vorstellung, wie Löw, Torwarttrainer Andreas Köpke, Chefscout Urs Siegenthaler im Dorf Bammental im Rhein-Neckar-Kreis bei selbstgebackenem Kuchen von Silke Flick zusammensitzen und die Zukunft des deutschen Fußballs entwickeln.

Aber genau so war es. Wer sich mit Flick über den puren Fußball unterhält, der spürt seine Leidenschaft. Er spricht vom FC Barcelona, als diene der einstudierte Spaßfußball der Katalanen als Blaupause für die Nationalelf. Bei Barca, sagt er, „stellt man fest, dass es die Aufteilung zwischen Defensive und Offensive nicht mehr gibt. Alles ist eins“.

Solche eine Spielweise ist risikohaft und benötigt wendige Verteidiger, die auch die Spieleröffnung beherrschen. Seit 2006 wurde diese Philosophie, wie Flick und auch Löw häufig sagen, verfeinert. „Wir haben Wenn-Dann-Strategien erarbeitet“, sagt Flick. Diese Detailplanung, das ist das Feld des Hansi Flick. „Die Automatismen müssen greifen.“ Dann klappt auch mit dem Titel

Und danach? Was, wenn diesmal der große Coup tatsächlich gelingt? Flicks Vertrag läuft bis 2014. „Wir haben ein klares Ziel, das ist die WM in Brasilien“, sagt der Co-Trainer. Er sagt aber auch: „Danach kann ich mir vorstellen, zusammen mit Joachim Löw bei einem großen Klub zu arbeiten.“ Er fühlt sich sehr gut mit dem Leben im Schatten.

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