Das Danziger Leck: Wer verrät Löws Aufstellung?

Der DFB sucht den Maulwurf — und hat es mit einem stets wiederkehrenden Problem zu tun. Spielerberater stehen im Verdacht.

Danzig. Fernando Santos ist ein ehrlicher Mann. Wahrscheinlich ahnte der Trainer der Griechen nicht, wie sehr er in der Wunde seines Kollegen Joachim Löw bohrte, als er über die personellen Veränderungen im deutschen Team sprach. „Wir konnten damit rechnen“, sagte Santos. „Wir wussten es ja schon seit dem Morgen.“

Der Grieche schaut eben auch mal ins Internet, wenn es um die Spielvorbereitung geht, und dort las Santos um 14 Uhr am vergangenen Freitag, was Joachim Löw eine Stunde zuvor in der letzten deutschen (internen) Spielersitzung im Hotel Dwor Oliwski verkündet hatte: Wer spielt — und wer auf der Bank sitzt. Reus, Schürrle, Klose? Santos stellte die Seinen auf den veränderten deutschen Angriffswirbel ein, genutzt hat es ihm freilich nichts.

Was nichts an Löws Verärgerung ändert. „Das kann ich mir nicht genau erklären, woher das kommt. Die Spieler reden mit ihren Beratern, vielleicht gibt es da einer weiter“, sagte Löw.

Und machte deutlich: „Das ist nicht in meinem Sinne und nicht so gut, wenn die Karten so früh auf dem Tisch liegen.“ Das Szenario wiederholt sich vor jedem Spiel. Hummels’ Nominierung vor der Premiere war ebenso schnell in der Welt wie die Veränderungen für Griechenland.

Und so ist der DFB-Tross auf der Suche nach der undichten Stelle. Weil ein Spion in den eigenen Reihen in der sogenannten heilen DFB-Welt ein schwarzer Fleck auf weißer Weste ist.

Und weil den Bundestrainer, der Trainingseinheiten kostenintensiv abschotten und sich nie in die Karten schauen lässt, der „unberechenbar“ sein will, dieser Vertrauensbruch tatsächlich angreift.

Dass ein Nationalspieler höchstselbst der Maulwurf sei, schloss Löw aus. Er habe sich rückversichert, und man darf davon ausgehen, dass der 52-Jährige im internen Kreis deutlich geworden ist. „Der Trainer hat uns klar mitgeteilt, dass er nicht sonderlich erfreut darüber ist“, verriet André Schürrle.

Am Sonntag befand Philipp Lahm, dass es „nicht das Problem der Mannschaft ist. Sondern es hat der ein Problem, der etwas preisgibt“. Sein Rat an die Mitspieler: Mitteilungen über anstehende Einsätze an Frau oder Freundin seien erlaubt, an den eigenen Berater aber „sicher nicht“.

Welchen Spieler man auch fragt, alle reagieren genervt, erbost oder ironisch. Wie Manuel Neuer schon nach dem 1:0 gegen Portugal: „Wir freuen uns natürlich, dass jeder weiß, wie wir spielen.“

Der Wettlauf des Boulevards um exklusive Informationen hat seine Geschichte. Einst galt Lothar Matthäus als zuverlässiger Informant der Medien, die Nationalelf unter den Trainern Franz Beckenbauer und Erich Ribbeck war diesbezüglich ein einziges Leck.

Erst unter Jürgen Klinsmann änderte sich das ab 2004. Der Teamchef von einst sprach von „Informationskorruption“ und schob allem einem Riegel vor, das von Absprachen zwischen Spielern und Medien, vor allem den Boulevardzeitungen, ahnen ließ.

Das Prozedere von einst lautete: Eine positive Geschichte gibt es für exklusive Informationen. Ein böses Spiel, in dem ein Nationalspieler der Gegenwart erneut gefangen scheint. Das nächste Spiel kommt bestimmt. Auch die nächste Information?

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