Gewalt im Amateurfußball Ein Verein wird boykottiert — und steigt auf

Alle anderen Kreisligisten fühlen sich vom BV Altenessen bedroht. Der Fußball-Verband ist machtlos.

Gewalt im Amateurfußball: Ein Verein wird boykottiert — und steigt auf
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Essen. 20 Siege aus 22 Spielen: Die bisherige Saison des Fußball-Kreisligisten BV Altenessen II könnte als Erfolg gewertet werden, wenn die glänzende Statistik nicht ihre Schattenseiten hätte. Die Amateurmannschaft steuert dem sicheren Meistertitel entgegen — auch deshalb, weil alle anderen Teams die Partien gegen den BVA seit zwei Monaten boykottieren. Woche für Woche bekommt Altenessen drei Punkte gutgeschrieben. So sehen es die Regularien vor.

Der Boykott der 14 Kreisliga-Teams ist ein Protest gegen Gewalt im Amateurfußball: Die Vereine werfen den Altenessenern vor, von ihnen auf und abseits des Feldes beleidigt, beschimpft oder bedroht worden zu sein, erklärt der Vorsitzende des Fußballkreises Essen Nord/West, Thorsten Flügel.

Die Situation eskalierte, als ein BVA-Spieler nach einem Ausraster gegen einen Schiedsrichter im März lebenslang gesperrt worden war. Der Unparteiische wollte den 23-Jährigen mit Gelb-Rot vom Platz stellen. Der Spieler warf ihn zu Boden, schlug auf ihn ein. Die Liga stand unter Schock.

Wenig später erhielten der Fußball-Verband Niederrhein (FVN) und der Dachverband DFB Post von einem Dutzend Vereine: „Der Fußball ist für uns alle ein Hobby, das Spaß machen soll. Dieser Spaß ist aktuell leider nicht mehr im Vordergrund. Gewalt auf und neben dem Fußballplatz lässt es nicht zu, Fußball zu spielen“, kritisierten die Clubs. Zwei weitere Teams schlossen sich an, sagt Flügel. Der ligaweite Boykott war komplett.

Nach DFB-Angaben kommt es bei den Amateuren nur selten zu Boykotten. Flügel selbst kennt keinen einzigen Fall. Der FVN habe alle Mittel ausgeschöpft, sagt er. Gegen den BVA wurden Geldstrafen ausgesprochen, die Mannschaft musste ein Anti-Gewalt-Training absolvieren. Es habe auch Gespräche mit dem Verein gegeben, aber die seien „nicht sonderlich erfolgreich“ gewesen, erklärt Flügel. Einen Ausschluss vom Spielbetrieb sehe die Satzung des FVN nicht vor. Das würde auch der Möglichkeit Tür und Tor öffnen, unliebsame Konkurrenten durch einen Boykott loszuwerden, meint Flügel.

Beim BVA wird nun gar nicht mehr Fußball gespielt. Die erste Mannschaft war nach zwei Vorfällen in der Hinrunde bereits abgemeldet worden. Und für Freundschaftsspiele findet man keine Gegner mehr. Aufsteigen in die Kreisliga A wird der Verein trotzdem. Eine Meisterschaftsfeier sei nicht geplant, sagt der sportliche Leiter Walter Minewitsch. „Wir sind zwiegespalten. Aber andererseits lehnt man einen Aufstieg auch nicht ab.“

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